Auf Ende Januar 2019 hat der Innerrhoder Staatsanwalt Herbert Brogli gekündigt. Nun muss er aber per sofort seine Funktionen niederlegen. Begründet wird das mit der laufenden «Neuorientierung» der Staatsanwalt. Unmittelbarer Anlass ist aber ein verjährter Straffall.
Es war ein Ereignis mit einigen Auswirkungen. Vor einem Jahr setzte die Innerrhoder Standeskommission den früheren Zuger Regierungrat Hanspeter Uster für eine Untersuchung ein. Er hatte die Fallführung der Innerrhoder Staatsanwaltschaft in einem Straffall abzuklären, der zwischenzeitlich verjährt war. Und darüber hinaus sollte Uster eine «Organisationsanalyse» der Staatsanwaltschaft durchführen.
Mit anderen Worten: Man ging davon aus, dass die Verjährung des Straffalls keine einmalige Panne war, sondern in der Organisation etwas grundsätzlich im Argen liegt.
Nun liegt Usters Bericht vor. Er zeigt laut einer Mitteilung der Ratskanzlei, «dass die Abwicklung des verjährten Falls zu wenig zielstrebig vorgenommen worden ist.» Das heisst: Die Verjährung ist auf Unterlassungen in der Staatsanwaltschaft zurückzuführen und nicht beispielsweise auf höhere Umstände.
Zugleich macht der Ex-Regierungsrat diverse Änderungsvorschläge für die Staatsanwaltschaft. Der gesamte umfangreiche Bericht ist hier einzusehen.
Der Todesfall, der den Anlass zu all dem gab, hatte sich 2010 ereignet. Es geht um einen tragischen Unfall, bei dem ein Lernender von einem Warenaufzug eingeklemmt wurde und verstarb. In der Folge wurden mehrere Strafverfahren eröffnet, aber nicht rechtzeitig ans Gericht überwiesen. Das Ergebnis: Die Verfahren verjährten im September 2017. Die Familie des Opfers war - verständlicherweise - ausser sich.
Wer trägt die Schuld und die Verantwortung für den Unfall? Auf diese Fragen konnte Hanspeter Uster aufgrund der Verjährung nicht mehr eingehen. Seine Untersuchung erstreckte sich nur auf die Arbeit der Behörden in diesem Fall.
Sein Fazit: Der fallführende Staatsanwalt habe die Strafuntersuchung «nicht mit der nötigen Zielstrebigkeit, Planung und Umsicht geführt.» Uster macht vor dem Hintergrund dieser Bilanz diverse Verbesserungsvorschläge. Sie betreffen die Funktion des Leitenden Staatsanwalts, die Arbeitsorganisation, aber auch die Rahmenbedingungen der Staatsanwaltschaft.
Diese Massnahmen seien «grösstenteils bereits in Bearbeitung», so die Ratskanzlei. Konkret ist die Rede von den ungenügenden Platzverhältnissen sowie von der Aufsicht über Staatsanwaltschaft und Gerichte. Dem Grossen Rat soll an der nächsten Session eine entsprechende Gesetzesvorlage unterbreitet werden.
Für den Staatsanwalt Herbert Brogli, der noch bis Ende Januar 2019 im Amt gewesen wäre, hat der Bericht unmittelbare Folgen. Er stellt all seine amtlichen Funktionen ab sofort bis zum Ende seiner Anstellung zur Verfügung. Begründet wird das mit der «bereits eingeleiteten Neuorientierung der Staatsanwaltschaft». Dieser wolle man «den nötigen Raum schaffen.»
Staatsanwalt Damian Dürr wird die Staatsanwaltschaft interimistisch führen; ein neuer leitender Staatsanwalt ist noch nicht bestimmt.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.