Dass Doris Leuthard schon kurze Zeit nach ihrem Rücktritt als Bundesrätin im Verwaltungsrat von Stadler Rail sitzen wird, sorgt für Kritik aus verschiedenen Kreisen. Nun bezieht Verwaltungsratspräsident Peter Spuhler Stellung.
Die Information kam vor wenigen Tage, am 21. November.
Der Verwaltungsrat von Stadler nominiert Doris Leuthard und empfiehlt sie zuhanden der Generalversammlung vom 30. April 2020 zur Wahl in den Verwaltungsrat. Sie wäre damit die zweite Frau in dem Gremium, welches heute acht Mitglieder zählt.
Mit ihrer Kandidatur für nächstes Jahr hält Doris Leuthard die politisch geforderte Karenzfrist von einem Jahr ein. Doris Leuthard war von 2010 bis im Dezember 2018 Vorsteherin des Eidgenössischen Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation.
Auch wenn rein rechtlich alles korrekt verläuft, wird dieses Engagement von mehreren Seiten als problematisch beurteilt. So sagte unter anderem FDP-Ständerat Andrea Caroni: «Wenn jemand so schnell nach dem Ausscheiden aus dem Bundesrat in ein Unternehmen geht, das so nahe am alten Departement liegt, stellt man sich automatisch – gewollt oder ungewollt – die Frage, wie unabhängig sie noch politisieren konnte gegenüber dieser Branche, diesem Unternehmen, als sie vielleicht bereits spürte, wohin die Reise gehen könnte.»
Im Interview mit dem SonntagsBlick bezieht nun Peter Spuhler, Verwaltungsratspräsident von Stadler Rail, Stellung. Er verstehe nicht, wie man an der Tatsache, dass Doris Leuthard in den Stadler-Rail-Verwaltungsrat kommt, etwas Negatives sehen könne.
Auf die Frage, ob die Bundesrätin während ihrer Zeit in Bern allenfalls auf das Amt spekuliert habe, zeigt sich Spuhler entrüstet: «So ein Blödsinn! Frau Leuthard war in keinen Vergabeentscheid an Stadler Rail involviert.» Er brauche für Stadler unabhängige Verwaltungsräte, die der Geschäftsleitung und ihm auf die Finger schauen würden. Diese müssen Kompetenzen mitbringen, die in einem «unserer Tätigkeitsbereiche» wertvoll sind. «Ich kann doch nicht irgendeinen Chefarzt einstellen», so Spuhler deutlich.
Man dürfe den Bundesräten nach ihrer politischen Karriere kein Berufsverbot auferlegen. «Wir müssen doch für unser Land und unseren Werkplatz schauen und auf dieses Know-how zurückgreifen. Sonst verstehe ich die Welt nicht mehr», sagt Spuhler im Interview mit dem SonntagsBlick weiter.
Ausserdem sei die Verpflichtung von Doris Leuthard zum Wohle des Werkplatzes Schweiz – und zum Wohle des Steuerzahlers. «Denn», so Spuhler, «das Verwaltungsratshonorar wird Frau Leuthard von der Bundesrats-Pension abgezogen.»
Das vollständige Interview mit Peter Spuhler können Sie hier nachlesen.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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