Die finanzstarke und mächtige Ortsgemeinde Au kommt nicht zur Ruhe. Vor rund eineinhalb Jahren stand sie vor einer Kampfwahl, und der damalige Wahlsieger wirft nun bereits wieder das Handtuch. Sein damaliger Widersacher ist aber bereit, sich wieder zur Verfügung zu stellen.
Sie sind die unbekannten Giganten der Lokalpolitik: Die Ortsgemeinden, die gegen aussen weit weniger in Erscheinung treten als die politischen Gemeinden, aber in Wahrheit oft sehr viel mehr Einfluss haben als diese. Sie verfügen oft über sehr viel Geld und wichtige Liegenschaften.
So auch in Au im St.Galler Rheintal. Dort gab es bei den Ortsbürgern über viele Jahre Konstanz. Bis der langjährige Präsident der Ortsbürger abtrat und die Wähler die Auswahl zwischen zwei Bewerbern hatten. Sie entschieden sich für denjenigen Anwärter, der eine besondere Vorgeschichte hatte. Bereits einmal strebte er ein Amt an, ergatterte es und schied dann aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus.
Und die Geschichte wiederholte sich auch dieses Mal wieder. Der damals gewählte Rico Kellenberger hatte im Herbst 2020 seinen Konkurrenten Christoph Kempter geschlagen. Dieser hatte rein sachlich betrachtet kaum weniger als der spätere Wahlsieger vorzuweisen, die Wähler gaben aber Kellenberger den Vorzug. Kempter führt seit vielen Jahren sein eigenes Unternehmen in der Personalvermittlung, ist Verwaltungsratsmitglied einer Grossgärtnerei und verfügt über politische Erfahrung als ehemaliger Kantonsrat.
Nun eröffnet sich ihm eine neue Chance – und Kempter will sie nach kurzer Bedenkzeit wahrnehmen. In einer Mitteilung an die Medien schreibt er:
«Nachdem der jetzige Präsident der Ortsgemeinde Au, Rico Kellenberger, vor einigen Tagen per sofort seinen Rücktritt erklärt hat, habe ich mich entschieden, bei der kommenden Ersatzwahl für dieses Amt zu kandidieren.»
Die spannenden und vielfältigen Aufgaben der Ortsgemeinde Au interessierten ihn nach wie vor sehr, so Kempter weiter. «Ebenfalls bin ich überzeugt, dass die bestehenden Ratsmitglieder äusserst engagiert arbeiten. Ich könnte es mir sehr gut vorstellen, zusammen mit den übrigen Ortsverwaltungsräten, den Angestellten und allen involvierten Personen einen Beitrag zur Weiterentwicklung der diversen Geschäfte zu leisten.»
Christoph Kempter beweist Grösse, indem er die seinerzeitige Wahlniederlage nicht überinterpretiert und sich auch in der aktuellen Situation wieder zur Verfügung stellt. Dem abtretenden Rico Kellenberger wünsche er «viel Kraft und positive Energie und hoffe, dass es gesundheitlich schnell wieder aufwärts geht», wie es weiter heisst.
Ob Kempter beim zweiten Versuch durchmarschieren kann oder es zu einer zweiten Kandidatur kommt, ist noch offen.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.