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Bergung aus Bodensee am Donnerstag

Pilot hielt sich an abgebrochenem Flugzeugteil über Wasser

Am Donnerstag, 24. Februar 2021  wird mit der Bergung der Piper, die letzte Woche in den Bodensee gestürzt ist, begonnen. Wie lange die Aktion dauert, ist offen. Rund um die Hintergründe des Absturzes sind nun weitere Fakten bekannt geworden. Auch, wie der Pilot sich retten konnte.

Die Ostschweiz am 24. Februar 2021

Am Donnerstag, 18. Februar 2021 ist vor Staad ein Kleinflugzeug der Marke «Piper» in den Bodensee gestürzt. Der Pilot hatte sich im Landeanflug auf den Flughafen Altenrhein befunden. Eine Woche später soll das Flugzeug geborgen werden. Der Bergungseinsatz und die danach folgenden Ermittlungen stehen unter der Leitung der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) und der Bundesanwaltschaft. Der Pilot konnte nach dem Absturz gerettet werden.

Die Kantonspolizei St.Gallen hat ihrerseits weitere Details rund um die geflogene Maschine und den Absturzverlauf bekanntgegeben. Die Piper PA-34-200T hat eine Länge von 9 Metern und eine Spannweite von 12 Metern. Beim Piloten handelt es sich um einen 70-jährigen Deutschen mit Wohnsitz im Kanton Tessin. Er wurde an der Wasseroberfläche aufgefunden, an der er sich dank einem abgebrochenen Rad vom Hauptfahrwerk des Flugzeugs halten konnte. Der Man war, als er gerettet wurde, unverletzt, aber unterkühlt und verbrachte eine Nacht im Spital.

Gestartet war der Mann um 10.45 Uhr in Locarno mit Ziel Flughafen St.Gallen-Altenrhein. Rund vier Kilometer westlich von diesem Ziel und rund einen Kilometer vom Ufer entfernt stürzte die Piper in den Bodensee. Die Wassertiefe an Absturzstelle beträgt rund 84 Meter. Zum Ereigniszeitpunkt herrschte über dem Bodensee Nebel. Die Wassertemperatur betrug ca. 5.2 Grad Celsius.

Um 11:34 Uhr erfolgte die erste Meldung des Towers Flughafen St. Gallen-Altenrhein an die Kantonale Notrufzentrale St.Gallen: «Seit 3 Minuten wird ein 4-plätziges Flugzeug vermisst. War im Anflug von Romanshorn.» Zuvor war der Funk- und Radarkontakt zum Flugzeug verloren worden.

Eine Minute später erfolgte das Aufgebot der Rettungskräfte. Dieses umfasste die Kantonspolizei St.Gallen mit verschiedenstem Fach- und Führungspersonal, den Seerettungsdienst und die Seepolizei des Schifffahrtsamts. Dazu kanen die zuständigen örtlichen Feuerwehren, der Rettungsdienst, die Rettungsflugwacht REGA, die Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen, das Grenzwachtkorps, die Kantonspolizei Thurgau, das Amt für Umwelt des Kantons St.Gallen, die SUST sowie die Bundesanwaltschaft und die Fedpol. Insgesamt standen über 100 Rettungskräfte im Einsatz

Dann wurde es schnell international: Es folgte die Auslösung internationaler Seenotalarm. Um 12:10 Uhr wurden beim internationalen Seenotalarm auf dem Bodensee alle Rettungskräfte, insbesondere die Seepolizeien und Seerettungsdienste, der Anrainerstaaten alarmiert. Sie rückten mit den zur Verfügung stehenden Mitteln aus und stellten sowohl auf dem See wie an Land Einsatzkräfte zur Verfügung. Sowohl aus Deutschland als auch der Schweiz wurden umgehend Patrouillenboote und gar Helikopter zur Verfügung gestellt, mussten jedoch aufgrund des schnellen Auffindens des Piloten nicht mehr bis nach Staad angefordert werden.

Um 12:23 Uhr erfolgte die gute Nachricht über das Auffinden des Piloten einige Minuten zuvor.  Ausgerückte Feuerwehrleute hatten einen Fischer und sein Fischerboot organisiert und waren damit zur vermuteten Absturzstelle gefahren. Dabei konnten sie den Piloten an der Wasseroberfläche auffinden. Er hielt sich am abgebrochenen Heckrad des Flugzeugs fest. Der Pilot konnte bestätigen, dass er sich alleine im Flugzeug befunden hatte, der internationale Seealarm wurde zurückgezogen.

Die Umweltbeeinträchtigung durch ausgelaufene Betriebsstoffe aus dem Flugzeug wurde am Einsatztag durch das Amt für Umwelt des Kantons St.Gallen sowie dem örtlichen Fischereiaufseher beurteilt. Die Feuerwehr errichtete eine Ölsperre. Es wurde ein sehr dünner öliger Film auf der Wasseroberfläche festgestellt. Schätzungsweise befinden sich noch mehrere hundert Liter Betriebsstoffe im Flugzeug. Die Situation bezüglich Umweltbeeinträchtigungen wird durch das Amt für Umwelt des Kantons St.Gallen und den Fischereiaufseher weiter beobachtet.

Die Untersuchung führt die Bundesanwaltschaft mit Unterstützung von Fedpol. Parallel dazu führt die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST eine Sicherheitsuntersuchung durch.

Das Flugzeug konnte am Dienstag (23.02.2021) in einer Tiefe von rund 84 Meter mit Hilfe des Sonars geortet und anschliessend mit dem ROV, einem ferngesteuerten Unterwasserfahrzeug, begutachtet werden. Das Heck ist gemäss dieser Sichtung relativ stark beschädigt. Das Flugzeug steckt mit der Front rund 1.5 Meter tief im schlickigen Seegrund.

Die Bergung findet am Donnerstag (25.02.2021) statt. Das Flugzeug wird mit einem Kran auf eine Autofähre gehoben. Anschliessend erfolgt der Transport zum Hafen Rorschach und der Verlad auf einen Tieflader. Anschliessend wird das Flugzeug zur genauen Beurteilung durch die SUST zum Flughafen Payerne abtransportiert. An der Flugzeugbergung sind mehrere Institutionen mit rund 60 Personen beteiligt. Mit dabei sind auch die Kantonspolizeien Genf und Waadt, weil die SUST bereits mehrfach mit diesen zusammengearbeitet hat.

Die Endlage-Tiefe des Flugzeugwracks auf einer Tiefe von 84 Metern stellt laut der Kantonspolizei St.Gallen eine taucherisch sehr grosse Herausforderung dar. Den Tauchern bleibt aufgrund der grossen Tiefe eine maximale Aufenthaltszeit von zehn Minuten auf dem Grund des Sees. Der gesamte Tauchgang auf den Grund und zurück dauert rund 90 Minuten. Kann das Flugzeug am Einsatztag nicht an den Bergegurten befestigt werden, kann kein zweiter Tauchgang unternommen werden. Das Flugzeug ist strukturell stark beschädigt. Die Bergung muss entsprechend vorsichtig erfolgen und es besteht die Gefahr, dass das Flugzeug nicht am Stück geborgen werden kann.

Die Absturzursache ist nach wie vor nicht bekannt und Gegenstand der laufenden Untersuchungen. 

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Die Ostschweiz

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