Heinz Huber, der neue CEO von Raiffeisen Schweiz, beweist Sportsgeist. Das Protestschild des ehemaligen SP-Kantonsrats Hans Fässler gegen die jüngsten Ereignisse bei Raiffeisen wurde nicht etwa entsorgt. Es hängt nun gewissermassen im Blickwinkel des obersten Raiffeisen-Bankers.
Im letzten August brachte Hans Fässler, ehemaliger Sekretär der St.Galler SP und früherer Kantonsrat, auf dem Raiffeisen-Platz in St.Gallen eine neue Beschriftung auf dem dortigen Platzschild an. Statt einer ehrenden Erinnerung an den Bankgründer Friedrich Wilhelm Raiffeisen war für kurze Zeit zu lesen, dass sich dieser im Grab umdrehen würde angesichts der Ereignisse um seine Bank. Wir haben berichtet.
Die Aktion war medienwirksam. Und Raiffeisen reagierte so professionell, wie es eben möglich war. Die Klebefolie mitten auf dem publikumsstarken Platz wurde zwar nicht toleriert, man sicherte Hans Fässler aber zu, dass man seine Version des Schilds im Gebäude anbringen würde. Und zudem empfing der damalige CEO Patrik Gisel seinen Kontrahenten Fässler zu einem Gespräch. Freunde fürs Leben wurden sie dabei kaum, aber offensichtlich begegnete man sich mit Respekt.
Wie Hans Fässler mitteilt, war er nun wieder zu Besuch beim Raiffeisen. Dort ist allerdings inzwischen mit dem Thurgauer Heinz Huber ein neuer CEO am Ruder. Zusammen mit diesem habe er sein Raiffeisen-Schild aufgehängt, so Fässler, «und zwar unmittelbar vor seinem Büro im obersten Stock der Raiffeisenzentrale.»
Ein prominenter Platz also, der dem Protest in Blau die volle Aufmerksamkeit der eigenen Belegschaft einbringen dürfte. Vorher hatte das Schild aber eine kleine Odyssee durchlaufen. Von Patrik Gisel wanderte es weiter zu Michael Auer, der nach Gisels Ausscheiden die Bank interimistisch führte. Und der drückte es dann dem neugewählten CEO in die Hand.
Für Hans Fässler selbst ist diese Sache damit abgeschlossen - und eine andere beginnt erst. Im Magazin Saiten sowie in der aktuellen Ausgabe der WoZ arbeitet der Historiker eine bis dato eher vernachlässigte Seite von Friedrich Wilhelm Raiffeisen auf: Den Antisemitismus.
Ihm selbst sei diese Facette des Bankgründers unbekannt gewesen, als er seine Schildaktion ausgeführt habe, so Hans Fässler. Inzwischen hat er aber recherchiert. Fässler zeigt auf, dass sich Raiffeisen mehrfach negativ über «die Juden» geäussert hat. Beim erneuten Besuch bei Raiffeisen hat Fässler deshalb angeregt, dass die Bank ihre eigene Geschichte auch in diese Richtung aufarbeiten könnte. Man darf gespannt sein.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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