Wünschen wir Trump viel Erfolg und Gesundheit. Denn wie wäre Mike Pence als US-Präsident?
Es gibt einige Gründe, wieso man sich den möglichst raschen Abgang von Trump wünschen kann. Käme der aber, aus welchen Gründen auch immer, vor Ablauf seiner ordentlichen Amtszeit, würde er durch den Vizepräsidenten ersetzt. So wie das nach der Ermordung John F. Kennedys und dem nicht ganz freiwilligen Rücktritt von Richard Nixon der Fall war. Mit Lyndon B. Johnson und Gerald Ford rückten zwei Politiker nach, die zumindest keinen groben Unfug anstellten.
Vizepräsidenten werden bereits von den Präsidentschaftskandidaten ernannt und rutschen in ihre Position, indem sie sich nur indirekt einer Wahl stellen müssen. Denn der eigentliche Präsidentschaftskandidat wird natürlich auch daran gemessen, wen er als seinen Vize nominiert.
Dabei spielt nicht unbedingt in erster Linie die Eignung für die Position eine Rolle, nur einen Herzschlag vom wichtigsten und mächtigsten Amt der Welt entfernt zu sein. Kennedy als liberaler Ostküsten-Katholik nahm sich mit Johnson einen konservativen Südstaatler aus Texas. Ford ersetzte seinerseits Nixons Vizepräsidenten Spiro Agnew, der wegen Bestechlichkeit zurücktreten musste.
George Bush Senior, der letzte Vizepräsident, der es anschliessend zum Präsidenten schaffte, ernannte Dan Quayle zu seinem Vize. Schon bevor er vor laufenden Kameras einen Volksschüler anwies, hinter das von dem korrekt an die Tafel geschriebene Wort «potato» (Kartoffel) noch ein e anzufügen, machte man sich über Quayles bescheidene sprachliche und intellektuelle Fähigkeiten lustig – und sorgte sich, wie es wohl wäre, wenn Bush Senior das Amt nicht mehr ausüben könnte.
Durch die Abwahl von Bush wurde diese Befürchtung gegenstandslos. Aber obwohl sich Quayle in den Vorwahlen für Donald Trump einsetzte, entschied sich der für Mike Pence als seinen «Running Mate». Auch Trump wählte seinen Vizepräsidenten, weil der einige Eigenschaften mitbringt, über die der amtierende US-Präsident nicht verfügt.
Pence hat als US-Abgeordneter und Gouverneur von Indiana politische Erfahrung sowie ein Beziehungsnetz über die republikanische Partei hinaus. Pence ist tief religiös, wuchs in einem katholischen Elternhaus auf und wollte in seiner Jugend Priester werden. Später konvertierte er zur Grace Evangelical Church, einer besonders bibelfesten Variante der Evangelikalen in den USA.
Daher verlässt sich Pence auf die irrtumsfreie Autorität der Bibel. Folgerichtig lehnt er die Evolutionstheorie ab und glaubt stattdessen an das sogenannte intelligente Design, das einen Schöpfer der Welt postuliert. Zudem ist er Abtreibungsgegner und Gegner der Gleichberechtigung von Homosexuellen. Als Gouverneur von Indiana unterzeichnete er ein Gesetz, das Ladenbesitzern erlaubte, Homosexuelle nicht zu bedienen.
Man kann also sagen, dass rechts von Pence eigentlich nur noch die Wand steht. Man tut Pence sicher nicht Unrecht, wenn man seine religiös bestimmte Weltsicht als voraufklärerisch bezeichnet – und damit dem fundamentalistischen Islam nicht unähnlich.
Allerdings ist Pence durchaus bereit, Flexibilität zu zeigen, wenn das seinem Fortkommen dient. So entschärfte er das Homosexuellen-Gesetz in Indiana, als Teile des lokalen Gewerbes mit Abwanderung drohten. Um die finanzielle Unterstützung der rechten Koch-Brüder zu erhalten, erklärte sich Pence als entschiedener Leugner der Klimaerwärmung.
Um gesalbte Worte ist er nie verlegen: «Donald Trump wird dem höchsten Amt des Landes die höchste Integrität verleihen. Darauf kann man sich verlassen.» Als kurz darauf der Tonbandmitschnitt das Licht der Öffentlichkeit erblickte, auf dem Trump darüber fantasierte, dass er alle Frauen an die Geschlechtsteile greifen könnte, rang sich Pence dazu durch, diese Aussagen «nicht zu billigen».
Aber als Trump auch diesen Skandal überlebte, twitterte Pence fromm: «Stolz, an deiner Seite zu stehen.» Schon vorher hatte er klargestellt: «Ich bin ein Christ, ein Konservativer und ein Republikaner. In dieser Reihenfolge.» Die Eigenschaft Opportunist hatte er allerdings vergessen.
Sollte also Trump etwas zustossen oder er des Amtes enthoben werden, müssen sich alle, die das sehnlichst wünschen, mal kurz Gedanken darüber machen, wie es dann weitergehen würde. Erbitterte Trump-Gegner mag das verblüffen, aber: Schlimmer geht’s immer.
Ob Trump die Welt zu einem sichereren Ort und die USA wieder gross macht oder nicht, das vermutet jeder nach seiner befürwortenden oder ablehnenden Position. Was aber ein religiöser Fanatiker an der Macht ausrichten kann, zeigen alle Ayatollas und andere fundamentalistische Wahnsinnige in den Ländern, in denen sie an der Macht sind. Das zeigten Könige, Kaiser und Päpste, als die christliche Kirche noch ganz unchristlich mit Kreuzzügen und der Inquisition wütete.
Und nun stelle man sich einmal vor, dass damals ein christlicher Herrscher über die stärkste Armee der Welt und Atombomben verfügt hätte. Nein, das wollen wir uns lieber nicht vorstellen. Genauso wenig wollen wir uns Pence als US-Präsidenten vorstellen.
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