Probeweise erhalten die Wirte in der Stadt St.Gallen die Möglichkeit, jedes Jahr eine zusätzliche Freinacht durchzuführen. Was gut klingt, hat in der Praxis Hindernisse. Denn die Freinacht geht auf Kosten einer anderen Verlängerung. Die Wirte kritisieren dieses Vorgehen nun.
Bars, Clubs und Veranstalter in der Stadt St.Gallen haben sich vor einigen Jahren zum Verband «Nacht Gallen» zusammengeschlossen. Dieser nimmt die gemeinsamen Interessen der Betriebe wahr. Und deren Freude war gross, als die Stadtpolizei St.Gallen Ende März dieses Jahres über eine Neuerung informierte. Während der nächsten zwei Jahre können die Lokalbetreiber pro Jahr und Betrieb jeweils eine Freinacht beantragen. Der offizielle Name dafür lautet: «Aufhebung der Schliessungszeit».
In einer solchen Nacht kann eine Bar oder ein Club bis maximal morgens um 6 Uhr geöffnet haben, weit länger als bei einer ordentlichen Verlängerung. Bisher kannte die Stadt die Möglichkeit von acht regulären Freinächten pro Jahr: An Silvester, zwei Mal während des St.Galler Fests, am 1. Mai und am 1. August und in drei Nächten während der Fasnacht.
Die probeweise zusätzliche Freinacht heisst für die Lokale, dass sie dieses Angebot nun zu besonderen Anlässen ebenfalls machen können, beispielsweise beim Super Bowl. Dass das bisher nicht möglich war, hat früher schon für Aufregung gesorgt.
Entsprechend begeistert war man bei «Nacht Gallen» über diese Idee. Allerdings hielt die Freude nicht lange an, erste Probleme tauchten nun während der Olma auf. Eine Bar in der St.Galler Altstadt wollte die Freinacht einziehen. Allerdings hatte das bewusste Lokal in diesem Monat bereits alle möglichen Verlängerungen ausgeschöpft; pro Monat sind vier möglich. Dabei ging es um Verlängerungen um jeweils zwei Stunden, im Verwaltungsjargon nennt sich das «Verkürzungen der Schliessungszeit». Die Olma war Anlass für zwei Verlängerungen, private Anlässe für zwei weitere.
Die Stadtpolizei habe das Gesuch um eine Freinacht abgewiesen, schreibt «Nacht Gallen» in einer Stellungnahme. Dies mit der Begründung, die Freinacht könne «nicht zusätzlich zu den maximal vier monatlichen Verkürzungen eingegeben werden.» Das heisst: Lokale, welche die zusätzliche Freinacht einziehen wollen, müssen gleichzeitig auf eine der vier Verlängerungen verzichten.
«Die Idee der Freinacht kann es nicht sein, eine der monatlich vier Verlängerungen dafür opfern zu müssen, zumal auch diese nicht beliebig beantragt werden können», kritisiert der Verband nun. Gemeint ist damit, dass Restriktionen bestehen, so sind beispielsweise drei Samstage hintereinander mit Verlängerung nicht erlaubt. Die Stadt St. Gallen habe den Wirten mit der Freinacht ein «Zückerli» gegeben, ihnen im Gegenzug aber eine der Verlängerungen weggenommen.
Mit dieser Praxis bringe die zusätzliche Freinacht den Wirten nicht viel. Eine Freinacht bis 6 Uhr morgens lasse sich in den wenigsten Fällen ausreizen, sprich: Irgendwann flaut der Gästeaufmarsch ab. Dies im Gegenzug zu den Verlängerungen, die sich finanziell auszahlen. Das bedeutet: Wenn die neue Freinacht heisst, dass eine Bar auf eine Verlängerung verzichten muss, wird der bewusste Betrieb viel eher auf die zusätzliche Freinacht verzichten. Und dann ist sie faktisch überflüssig.
«Nacht Gallen» schreibt dazu: «Wenn die Stadt wirklich etwas für die Belebung der Innenstadt tun möchte, wie sie das im Rahmen des Projekts 'Zukunft St. Galler Innenstadt' immer wieder behauptet hat, und ihr ein lebendiges Nachtleben am Herzen liegt, muss sie diese Regelung anpassen. Alles andere ist kleinlich und nicht nachvollziehbar.»
Kommt dazu, dass den Lokalen wohl im März nicht bewusst war, dass die ganze Übung diese Konsequenzen haben würde. In der Information der Stadtpolizei stand folgendes: «Im Rahmen des praxisgemässen Monatskontingents von maximal vier Einzelverkürzungen kann versuchsweise pro Gastwirtschaft und Kalenderjahr neu einmal eine Aufhebung der Schliessungszeit für einen bestimmten Lokalanlass durch einen klaglos und vorschriftskonform geführten Betrieb unter Kostenfolge beantragt werden.»
Nun müssten eigentlich Juristen darüber streiten, ob diese Formulierung klar besagt, dass die Freinacht auf Kosten einer Verlängerung geht oder nicht, es ist ist jedenfalls ziemlich verklausuliert umschrieben. Es wäre kaum ein grosser Aufwand gewesen, klar und deutlich festzuhalten, dass sich die Freinacht auf die Zahl der Verlängerungen auswirkt.
«Nacht Gallen» ruft die Stadt St.Gallen in ihrer Stellungnahme dazu auf, auf den Entscheid zurückzukommen, sprich: Die Freinacht zusätzlich zu den Verlängerungen zuzulassen, «andernfalls ist der Entscheid von Ende März nichts weiter als Alibipolitik.»
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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