logo

Kommentar

Strafanzeige gegen 15 Kantonsräte wegen organisierter Kriminalität

Als Reaktion auf meinen letzten Beitrag zu den inakzeptablen Zuständen in der St. Galler Justiz sah ich mich mit Kommentaren, Anrufen und persönlichen Auseinandersetzungen konfrontiert. Selbst enge Bekannte wollen und können nicht glauben, dass meine Schilderungen der Wahrheit entsprechen.

Josip Sunic am 26. April 2023

Äusserungen wie „du spinnst und übertreibst, das kann gar nicht sein“ oder „Staatsanwälte dürfen sicher keine Strafuntersuchung gegen sich selbst führen, dass ist aufgrund der Befangenheit nicht erlaubt“ höre und lese ich seit der Publikation täglich.

Hier also die entsprechende Verfügung, um alle Zweifel aus dem Weg zu räumen: Die Staatsanwaltschaft St. Gallen untersucht sich selbst. Besser gesagt ist sie dabei, die Strafuntersuchungen gegen St. Galler Amtsträger, darunter Mitglieder der Staatsanwaltschaft St. Gallen, wegen der Begünstigung von Remo Bienz und Markus Schultz, im Keim zu ersticken. Gesetzlich erlaubt ist dies nicht. Die involvierten Personen machen sich erneut strafbar. Spielt aber keine Rolle, da man auch dies selbst untersuchen wird. Eigentlich ist damit bereits alles gesagt. Wer mehr erfahren möchte, darf gerne weiterlesen.

6718b46b-dcf5-9086-3ec5974eb9875440

Selbst ist der Mann

Wie man der Verfügung entnehmen kann, bin ich tatsächlich selbst betroffen. Es ist kein Märchen und keine erfundene Geschichte. Es ist ein Krimi und eine Satire: Einerseits läuft einem ein eiskalter Schauer über den Rücken, wenn man begreift, was hier passiert; andererseits kann man die Staatsanwaltschaft St. Gallen gar nicht mehr ernst nehmen, obwohl die Sache todernst ist.

Christoph Ill ist der erste Staatsanwalt des Kantons St. Gallen. Bei Stephan Ramseyer handelt es sich um den leitenden Staatsanwalt des Untersuchungsamts St. Gallen. Ramseyer ist Ill unterstellt. Ramseyer und Ill sind die Chefs der „fallführenden“ Staatsanwältin, Lea Bollhalder. Mit einer unabhängigen Strafuntersuchung hat das nicht im Geringsten etwas zu tun, im Gegenteil: Es ist offensichtlich, dass die angezeigten Personen, Christoph Ill und Stephan Ramseyer, alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um die gegen sie selbst erhobenen Vorwürfe unter den Teppich zu kehren. Angeblich wird ein ausserkantonaler Staatsanwalt eingesetzt, wenn die Ermächtigung zur Strafuntersuchung erteilt wird. Diese Ermächtigung muss die Staatsanwaltschaft St. Gallen, also die angezeigten Personen, bei den angezeigten Richterinnen und Richtern beantragen. Dieses Gremium wiederum kann alle Angezeigten faktisch freisprechen, indem keine Ermächtigung erteilt wird und allen noch Schadenersatz für den Aufwand zusprechen. Interessantes System.

Die angezeigten Richterinnen und Richter üben die Aufsicht über die Staatsanwaltschaft aus und sollten eigentlich dafür sorgen, dass sich diese an die geltenden Gesetze hält. Längst hätte die Anklagekammer als Aufsichtsbehörde sämtliche St. Galler Staatsanwälte in den Ausstand jagen müssen. Weshalb ist dies nicht passiert? Bis vor Kurzem übte Markus Schultz, der Strafverteidiger von Remo Bienz, um den es eigentlich geht, die Aufsicht über die Staatsanwaltschaft noch selbst aus, bis er von seiner Kanzleikollegin von der Advokatur 107, Franziska Ammann, als Richter der Anklagekammer ersetzt wurde. Bei den Anwälten der Advokatur 107 dürfte es sich unter diesen Umständen wohl um die besten Strafverteidiger der Schweiz handeln.

Wie man der Übernahmeverfügung entnehmen kann, hätte ich diese mit Beschwerde vor dem Bundesgericht anfechten können. Da das Bundesgericht aber gut und gerne ein Jahr für einen Entscheid braucht, würde dies nur zu weiteren Verzögerungen sämtlicher Strafuntersuchungen führen. Mitunter wegen solchen Verzögerungstaktiken, welche seit dem Jahr 2020 dazu verwendet werden, um Strafuntersuchungen gegen Remo Bienz und Markus Schultz zu verunmöglichen, habe ich die Staatsanwälte und Richter wegen Begünstigung angezeigt. Normalerweise sollten Bienz und Schultz längst auf der Anklagebank sitzen, so dass von unabhängigen Richtern über Schuld oder Unschuld entschieden wird. Offensichtlich scheint das Ziel zu sein, dass alle involvierten Personen an Altersschwäche sterben, bevor es dazu kommt. Weshalb wohl?

Die St. Galler Regierung, respektive das Sicherheits- und Justizdepartement, schreibt auf Anfrage:

„Wie bereits mitgeteilt, sind Beanstandungen betreffend Verfahrenshandlungen der Staatsanwaltschaft mittels ordentlicher Rechtsmittel gemäss StPO bei der Anklagekammer geltend zu machen.“

Bei eben der Anklagekammer, deren Richterinnen und Richter selbst bundesgerichtliche Rechtsprechung mit Füssen treten, um ihren Kollegen zu schützen, der Zeugen nötigen will? Bei dem Gericht, bei welchem der Strafverteidiger von Remo Bienz zwanzig Jahre als Richter tätig war und als Vizepräsident amtete? Bei den Ersatzrichtern, welche mit Doris Schultz, der Frau von Markus Schultz, im Gemeindepräsidium Mörschwil zusammengearbeitet haben?

Aus gesetzlicher Sicht mag die Aussage der Regierung zutreffen und lässt sich nicht beanstanden. Wer aber sehen will, wo diese Art des Regierens langfristig hinführt, wirft mal einen Blick nach Venezuela. Oder wartet so lange ab, bis hier die gleichen Zustände herrschen.

Des einen Leid

Das Strafverfahren wegen Betrugs gegen Remo Bienz und seinen Anwalt Markus Schultz wurde ebenfalls von der Staatsanwaltschaft St. Gallen übernommen. Dies, nachdem Zürich das Strafverfahren eröffnet hatte. Direkt nach der Verfahrensübernahme hat St. Gallen die Strafuntersuchung gegen Bienz sistiert. Offensichtlich eine Rettungsaktion in letzter Sekunde durch die Staatsanwaltschaft St. Gallen, damit es nicht zur Abklärung des Sachverhalts kommt.

Wohlgemerkt: Im sistierten Strafverfahren wegen Betrugs geht es mitunter darum, dass versucht wurde, Zeugen mit eingeschriebenen Briefen zu Bestätigungen und Aussagen zu nötigen. Es geht darum, dass Remo Bienz mich auf strafbare Art und Weise über einen Betrag von fast vier Millionen Schweizer Franken provisorisch gepfändet hat. Bienz und sein Anwalt Schultz haben nicht nur den Richter nachweislich belogen, sondern auch inhaltlich falsche Urkunden verwendet. Aus Rache, weil ich Bienz wegen der Prime Computer AG angezeigt habe und um dafür zu sorgen, dass ich mich nicht zur Wehr setzen kann, indem ich wirtschaftlich vollständig blockiert werde. Remo Bienz musste bis heute nie beweisen, dass ich ihm auch nur einen Rappen schulde. Die Staatsanwaltschaft St. Gallen weigert sich seit zwei Jahren, die entsprechenden, angeblich existierenden Zahlungsbelege einzufordern. Allen dürfte bewusst sein, dass Zahlungsbelege über CHF 4 Millionen sofort auffindbar wären, sofern diese existieren würden. Auch wäre es im Interesse eines angeblichen Gläubigers zu belegen, dass die Forderung auch wirklich existiert. Nicht in diesem Fall.

Die Pfändung ist „nur“ provisorisch, nichts darf verwertet werden. Das ändert aber nichts daran, dass ich über nichts verfügen darf. Normalerweise wäre es ein kurzer Zivilprozess, in welchem Remo Bienz beweisen müsste, dass ich ihm etwas schulde, andernfalls die Pfändung aufgehoben würde. Schultz, der Anwalt von Bienz, der über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung als Richter in St. Gallen verfügt, zögert das Verfahren aber mit immer neuen Winkelzügen heraus, damit die provisorische Pfändung bestehen bleibt. Es kann gut sein, dass ich zu Lebzeiten „provisorisch“ gepfändet bleibe. Eigentlich hätte Bienz dank dieser Pfändung und aufgrund meiner wirtschaftlichen Handlungsunfähigkeit längst alle Prozesse gewinnen müssen. Dank Jura im Selbststudium und Anwälten, welche für den Rechtsstaat einstehen und mich unterstützen, ist dieser Plan nicht aufgegangen und zum Boomerang geworden.

In Fällen, in denen Zeugen genötigt und Beweismittel manipuliert werden, kommt es normalerweise zur Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Nicht in St. Gallen: Hier wird ein solches Verhalten nicht nur geduldet, sondern von Staatsanwälten und Richtern gefördert und geschützt. Dass der mutmassliche Täter dann auch noch die Vorzüge der Straftat geniessen kann, während dem Geschädigten weitere, gravierende Nachteile entstehen, ist dann wohl die Kirsche auf der Torte. Das ist in etwa dasselbe, wie wenn der Staatsanwalt einen Dieb mit einem gestohlenen Ferrari rumfahren lässt. Der Staatsanwalt setzt sich lieber selbst ab und zu an das Steuer, als dem Dieb den Ferrari wegzunehmen und diesen anzuklagen. Er muss dafür auch nichts machen, ausser nichts zu machen. Begünstigung, Gehilfenschaft und Korruption nennt man das im Fachjargon, liebe Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Bei solch koordinierten Abläufen, in welche sogar Richter involviert sind, spricht man von organisierter Kriminalität.

Ein unterlaufener Auflauf

Der gesunde Menschenverstand hindert viele Leute daran zu akzeptieren, dass so etwas in einem Land wie der Schweiz überhaupt real sein kann. Nachdem der erste Schock abgeklungen ist, steht man vor einer Entscheidung. Entweder schaut man weiter tatenlos zu (und spricht vielleicht noch sein Mitleid aus). Oder man mischt sich ein und riskiert, selbst unter die Räder einer offensichtlich korrupten Justiz zu kommen. Hinzu kommt, dass der Sachverhalt absichtlich dermassen verkompliziert wurde, damit ihn niemand mehr nachvollziehen kann. Wieso sollte man sich aus dem Fenster lehnen?

Jene, die Bienz und die Fortimo kennen wissen, dass es sich um Wölfe im Schafspelz handelt und man sich nicht mit ihnen anlegt. Unzählige Leute haben mich kontaktiert und über „Erlebtes“ berichtet, aber niemand getraut sich, öffentlich über seine „Erfahrungen“ zu reden. Mit allem, was ich gerade durchmache, kann ich es nachvollziehen. Ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass wirklich die gesamte Ostschweiz und sämtliche Politiker von links bis rechts von Bienz und seiner Gang abhängen oder wirklich wollen, dass der Kanton St. Gallen ein faktisch rechtsfreies Gebiet für Schwerreiche ist, auf welchem noch so schwere Wirtschaftskriminalität straffrei betrieben werden kann. Wenn man die White-Collars weiter gewähren lässt, wird es früher oder später dazu kommen, dass Zeugen nicht nur mit eingeschriebenen Briefen zu Aussagen gedrängt, sondern Kinder von Zeugen von der Schule abgeholt werden. Wer denkt, dass dies ein Hirngespinst ist, wird bald eines Besseren belehrt, sobald die Schreiben und Audionachrichten veröffentlicht werden. Mit welchen Methoden Gegenparteien diskriminiert und eingeschüchtert werden ist ungeheuerlich und abscheulich. Die Strafverfolgungsbehörden haben davon längst Kenntnis und bleiben untätig.

Eigentlich müsste der Kanton St. Gallen, respektive dessen Kantonsrat und die Regierung, für Ordnung sorgen und einen Hausputz durchführen. Mitglieder von Strafverfolgungsbehörden, die so etwas zulassen, gehören sofort vor die Türe gestellt. Dass meine Vorwürfe nicht frei erfunden sind, beweist bereits der Umstand, dass mit allen erdenklichen Mitteln versucht wird, Strafuntersuchungen in dieser Sache zu verhindern. Wenn es nichts zu verbergen gäbe, wäre längst ein ausserregionaler Staatsanwalt mit der Strafuntersuchung beauftragt worden. Offensichtlich ist die Gefahr, dass ein Präjudiz geschaffen wird, sich weitere Personen an die Öffentlichkeit wenden und unzählige Leichen unter diversen Überbauungen zum Vorschein kommen, zu gross. Von den Problemen, die in diversen Clubs und Firmen entstehen würden, wenn die Mitglieder und Auftragnehmer plötzlich gegen ihre Präsidenten und die wichtigsten Auftraggeber vorgehen, fange ich gar nicht an. Ganz zu schweigen von der Aufräumarbeit, die danach bei der Staatsanwaltschaft und den Gerichten anstehen wird. Es stellt sich die berechtigte Frage, in wie vielen Fällen Ähnliches passiert ist.

Einige Kantonsräte machen nun dasselbe wie die Staatsanwaltschaft und die Richterkollegen von Markus Schultz: Sie versuchen dafür zu sorgen, dass es gar nicht erst zu Strafuntersuchungen kommt. Akzeptieren werde ich das nicht. Deshalb habe ich nun eine Anzeige gegen fast 30 Personen, darunter 15 Kantonsrätinnen und Kantonsräte, wegen Korruption, organisierter Kriminalität, Amtsmissbrauchs und Begünstigung erstattet. Viel davon versprechen tue ich mir kurzfristig nicht, weil auch diese Strafuntersuchung von der Staatsanwaltschaft St. Gallen (mitunter gegen sich selbst) geführt wird. Noch.

Eine Frage der Zeit

Es wird wohl unzählige Rechtsmittelverfahren, noch viel mehr Geduld und einen internationalen Presseskandal brauchen, bis sich tatsächlich die Bundesanwaltschaft einschaltet. Kein Mitglied des Kantonsrats oder der Regierung hatte bisher das Rückgrat, diese heisse Kartoffel in die Hand zu nehmen und für den Rechtsstaat Schweiz einzustehen. Ich rufe in Erinnerung, dass es darum geht, dass überhaupt erst Strafuntersuchungen geführt werden und dies durch unbefangene Staatsanwälte erfolgt. Es geht um die Grundsätze eines jeden Rechtsstaates.

Viele Politikerinnen und Politiker werden sich wohl spätestens dann damit befassen müssen, wenn es zu einem Flächenbrand kommt, indem irgendwann eine unabhängige Behörde untersucht und sie selbst wegen Gehilfenschaft auf der Anklagebank landen. Denn Untätigkeit schützt in diesem Fall vor Strafe nicht - im Gegenteil. Die Mitglieder der Regierung und des Kantonsrats sind zur Aufsicht über die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet und sollten spätestens jetzt begreifen, dass die Sache ernst ist und dieser Justizskandal möglicherweise mit ihrem Namen in die Geschichte eingehen wird. Dass die hier publizierte Verfügung nur eine von dutzenden absurden Aktionen der St. Galler Justizbehörden ist, dürfte kein Geheimnis mehr sein.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Josip Sunic

Josip Sunic (*1990) ist Gründer des Schweizer PC-Herstellers Prime Computer AG sowie des Startups AppArranger AG, einer Buchungsplattform für Dienstleistungen. Daneben ist er Mitglied des Expertenkomitees von Startfeld, dem Ostschweizer Förderverein für Startups.

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.