Der neue Departementssekretär beim Bau- und Umweltdepartement und Leiter des Amts für Raumentwicklung von Appenzell Innerrhoden heisst Walter Grob. Der Mann ist kein Unbekannter. Und er hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Allerdings im Kanton St.Gallen.
Die amtliche Mitteilung beginnt nüchtern: «Die Standeskommission wählte am 23. Juni 2020 Walter Grob aus St.Gallen zum Departementssekretär und Leiter des Amts für Raumentwicklung. Der 55-jährige tritt die neue Stelle mit einem Pensum von 80% am 1. September 2020 an.» Wir haben darüber berichtet.
Walter Grob? In Appenzell Innerrhoden dürften den Namen die wenigsten kennen. Und die Umschreibung seiner Vorgeschichte verrät auch nicht mehr. Rechtsanwalt, früher einmal Gemeindepräsident, später Leiter einer regionalen KESB, beides im Kanton St.Gallen. Mehr über Grob hat man vermutlich an seinen früheren Wirkungsstätten zu sagen. In beiden Fällen endete das Engagement unerfreulich. Und ziemlich abrupt.
Grob errang einst als politischer Quereinsteiger das Gemeindepräsidium der Politischen Gemeinde Au. Er schaffte nach einer Zwischenperiode von zwei Jahren die Wiederwahl, nach insgesamt sechs Jahren war Schluss, er musste sich einem Gegner geschlagen geben, den viele als «Verlegenheitslösung» ansahen; damals war die politische Atmosphäre in Au so aufgeladen, dass die Losung galt: Hauptsache ein anderer.
Was politische Beobachter nach seiner Abwahl attestierten: Walter Grob hatte sein Amt fachlich einwandfrei versehen, konnte es aber offensichtlich nicht mit den Leuten und überfuhr sie mit seinem Führungsverständnis. Er hatte sich keine grossen Patzer geleistet, fand aber den Draht zur Bevölkerung nicht.
Dennoch erhielt er danach wieder eine Führungsaufgabe an der Spitze der KESB Linth. Und hier artete die Lage mehr aus. Grob musste von einem Tag auf den anderen gehen. Dem vorausgegangen war eine mediale Kampagne der «Obersee Nachrichten», die genüsslich einen KESB-Fall nach dem anderen dokumentierten, stets verbunden mit dem Vorwurf, die Behörde werde schlecht geführt. Der Fall wurde Futter fürs Gericht, und auch Walter Grob selbst wehrte sich auch nach seinem Abgang zugunsten seines Rufs. Unanbhängig vom juristischen Kleinkrieg wurde damals aber deutlich, dass der Stadtrat von Rapperswil-Jona, dem die KESB untersteht, keine Möglichkeit sah, mit Grob weiter zusammenzuarbeiten.
Nun gibt es also eine neue Chance für den St.Galler, und wieder in einem Führungsamt. Die Innerrhoder Staatskanzlei umschreibt den neugewählten Departementssekretär rein technisch als «Rechtsanwalt und heute als selbständiger Unternehmensberater und Mediator im Industriebereich tätig». Er verfüge «über ein breites juristisches Wissen und eine grosse Führungserfahrung aus seiner Tätigkeit als früherer Gemeindepräsident und Präsident einer Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde.» Dass beide Engagements nicht planmässig endeten, wird begreiflicherweise nicht erwähnt.
Dass die Ereignisse beider Vorstationen kein Thema bei der Wahl waren, ist aber nicht anzunehmen. Und Ruedi Ulmann, Vorsteher des Bau- und Umweltdepartements, bestätigt denn auch: «Selbstverständlich haben wir den Werdegang von Walter Grob in der STK ausführlich diskutiert.» Das war es allerdings auch schon. Offenbar kam die Standeskommission zum Schluss, die Abwahl als Gemeindepräsident und der fristlose erzwungene Abgang als KESB-Leiter seien keine Hürden für die neue Rolle.
Auch schon früher hat der Kanton Appenzell Innerrhoden Persönlichkeiten eine Chance gegeben, die zuvor an einem anderen Ort nicht mehr gefragt waren. Zum Beispiel Norbert Senn, dem einstigen Gemeindeammann von Romanshorn, der nach vier Jahren abgewählt worden war und später zum Leiter des Innerrhoder Volksschulamts berufen wurde - und dort nach allgemeiner Wahrnehmung einen untadeligen Job macht. Wobei in Senns Fall keine Vorgeschichte wie bei Walter Grob vorlag.
Verschiedene Beobachter seiner früheren Stationen staunen jedenfalls, dass es der Ex-Gemeindepräsident und Ex-KESB-Leiter wieder geschafft hat, ein hochdekoriertes öffentliches Amt zu bekleiden. Wobei es in keiner Beurteilung um die fachlichen Qualifikationen geht, die allgemein nicht bezweifelt werden. Es geht stets um die Frage nach den zwischenmenschlichen Aspekten, die Fragen aufwirft.
Sicher ist: In Innerrhoden, wo das Regierungsamt nach wie vor ein Nebenamt ist, dürfte der Einfluss der Spitzenbeamten grösser sein als dort, wo es sich um ein Vollamt handelt. In diesem Sinn ist es eine bemerkenswerte Wahl. Und es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen sie im Departement haben.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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