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Hoffnungsträgerinnen und -träger im Gespräch

«Darum möchte ich mehr junge Menschen in die Politik integrieren»

Welche Kräfte werden die verschiedenen Parteien der Region schon bald prägen? In einzelnen Interviews stellen wir die Hoffnungsträgerinnen und -träger vor. Heute: Silvan Graf (*1994), SP-Politiker aus Heiden.

Marcel Baumgartner am 23. August 2022

Zivilstand: ledig

Ausbildung/Beruf: FaGe/ B.a. in Geographie und Soziologie/ Landwirt

Partei und Funktion: SP – Kantonsrat AR

In der Partei seit: dem achten Schuljahr (damals noch Juso)

Hobbies: Handball, Wandern, Klettern etc.

Gab es einen bestimmten Auslöser, der bei Ihnen das Interesse für die Politik geweckt hat? Was war die Motivation, sich in einer Partei zu engagieren?

Während meiner Sekundarschulzeit lancierte die SVP verschiedene Volksinitiativen wie beispielsweise die Ausschaffungsinitiative und publizierte dazu offen rassistische Abstimmungskampagnen. Da viele meiner damaligen Schulkameraden (wie alle Menschen, wenn man weit genug zurück geht) einen Migrationshintergrund hatten, aber keineswegs pauschal als schwarze Schafe aus der Schweiz gekickt werden sollten, entschloss ich mich dafür einzustehen, dass die Schweiz integrationsfreundlicher und offener wird.

Was sind Ihre persönlich wichtigsten Kernanliegen? Wofür möchten Sie sich einsetzen?

Eine faire Gesellschaft mit Chancen für alle - Jeder Mensch soll unabhängig von Faktoren wie dem Geschlecht, der Hautfarbe usw. die gleichen Lebenschancen haben.

Eine nachhaltige Klimapolitik - Der Klimawandel stellt die Menschheit vor grosse Herausforderungen. Eigenverantwortung hat, wie man in den letzten 40 Jahren beobachten konnte, ungenügend funktioniert. Es gilt also endlich griffige Rezepte zu finden und diese schnellstmöglich anzuwenden.

Sachliche Politik ohne Populismus - Populisten versprechen anscheinend einfache Lösungen, die es aber in unserer hochkomplexen, globalisierten Welt nicht gibt. Fakten sind dabei nicht mehr ausschlaggebend. Eine faktenbasierte, dialogorientierte und sachliche Politik ist jedoch für die Gesellschaft unbedingt notwendig.

Journalismus, der diesen Namen auch verdient – Medien sind dem Respekt vor Fakten und dem Recht der Öffentlichkeit auf Wahrheit verpflichtet. Diese Standards sind für unsere Demokratie unerlässlich. Einfach jedwede Meinung zu verbreiten, ist kein Journalismus.

Die Interessen der jüngeren Generation - Die Stimmbevölkerung der Schweiz wird immer älter und fällt teilweise Entscheide, welche die Interessen der Jugend, die dann damit leben muss, nicht genügend berücksichtigt. Darum möchte ich mehr junge Menschen in die Politik integrieren.

Gibt es in der jüngsten Vergangenheit der Schweiz einen politischen Meilenstein, der Ihnen so gar nicht in den Kram passt?

Das wir Schweizer vor einem Jahr das CO2 Gesetz abgelehnt haben, verstehe ich nicht. Es ist anscheinend immer noch nicht gelungen, die Notwendigkeit aufzuzeigen, unverzüglich zu handeln. Anscheinend sind heutzutage, wenn man der Argumentation der damaligen Nein-Kampagne («Autofahren nur noch für Reiche») folgt, nur noch Superreiche am Autofahren. Der Benzinpreis ist ja mittlerweile aufgrund des menschenverachtenden russischen Angriffskrieges in der Ukraine förmlich explodiert. Dies zeigt einmal mehr, dass es verbindliche Regeln braucht, die für alle gelten. Eigenverantwortung ist schlichtweg nicht geeignet, um die grossen globalen Probleme der Menschheit, wie den Klimawandel, zu bekämpfen.

Welche drei Punkte stehen aktuell ganz oben auf Ihrer politischen Pendenzenliste?

Die Totalrevision der Verfassung des Kantons AR – Der erste Entwurf der neuen Kantonsverfassung, an dem ich mitarbeiten durfte, enthält einige Neuerungen und Aktualisierungen, die mir sehr wichtig sind. Beispielsweise das Stimmrechtsalter 16, moderne und tragfähige Gemeindestrukturen oder eine Präambel, die möglichst alle Betroffenen einschliesst. Die Kantonsratsdebatte darüber steht noch aus und verspricht, sehr spannend zu werden.

Ebenfalls sehr wichtig für den Kanton AR, aber auch für die Schweiz und die ganze Welt, ist das neue Energiegesetz in unserem Kanton. Der Kantons- und Regierungsrat haben in einer rekordverdächtig langen Debatte einen Kompromiss gefunden, der dazu führen soll, dass möglichst keine neuen fossil-betriebenen Heizungen mehr in Betrieb gehen. Die Zustimmung war überwältigend (58 Ja, 2 Enthaltungen, 1 Nein). Lediglich die Öl-Lobby ist nicht einverstanden und hat darum das Referendum ergriffen.

Auf nationaler Ebene steht im Herbst die Massentierhaltungsinitiative an. Sie hat das Potential, die Schweizer Landwirtschaft zukunftsfähig zu machen und ist dank ihrer langen Übergangsfrist von 25 Jahren auch für die Bauernbetriebe sozial verträglich.

Und welche drei Punkte stehen auf der privaten Liste?

Nachdem ich jetzt mit meiner Lehre als Landwirt fertig werde, freue ich mich sehr darauf, zusammen mit meiner Freundin Ferien zu machen und dann den nächsten Sommer gemeinsam auf der Alp zu hirten. Freie Tage oder gar Ferien sind bei 55h Wochenarbeitszeit (gemäss Lehrvertrag) und zeitintensiven «Hobbys», wie der Politik, Mangelware. Arbeitsverträge in der Landwirtschaft sind dementsprechend auch ein wichtiges Thema auf meiner politischen Agenda. Im Januar 2024 steht dann die Hofübernahme an und ich kann die damit einhergehende Verantwortung und Herausforderung kaum erwarten. Ich habe jede Menge Ideen, die ich ausprobieren und umsetzen möchte.

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Autor/in
Marcel Baumgartner

Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».

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