Welche Kräfte werden die verschiedenen Parteien der Region schon bald prägen? In einzelnen Interviews stellen wir die Hoffnungsträgerinnen und -träger vor. Heute: Andrea Büsser (*1988), Mitte-Politikerin aus Sargans.
Zivilstand: verheiratet
Ausbildung/Beruf: Finanzberaterin, Paralegal Senior bei Raiffeisen Schweiz im Bereich Legal & Compliance
Partei und Funktion: Die Mitte, Präsidentin Die Mitte Frauen Kanton St. Gallen
In der Partei seit: 2016
Hobbies: Wandern, Reisen
Hatten Sie schon immer eine Nähe zu der Partei, in der Sie heute aktiv sind? Oder standen Sie dereinst auf einer anderen Seite?
Mit der Mitte – resp. früher CVP – habe ich mich von allen Parteien schon immer am besten identifizieren können.
Gab es einen bestimmten Auslöser, der bei Ihnen das Interesse für die Politik geweckt hat? Was war die Motivation, sich in einer Partei zu engagieren?
Politik hat mich schon immer sehr interessiert und ich wollte irgendwann mehr als «nur» Ja oder Nein sagen auf dem Stimmzettel. Ich wollte mich aktiv einbringen und mitgestalten, weshalb ich mich zum Parteibeitritt entschieden habe. Damals (2016) konnte ich dann direkt das Präsidium der Ortspartei in Sargans übernehmen. Vier Jahre später habe ich dann als Gemeinderätin kandidiert und wurde gewählt.
Wenn Sie Ihre Partei mit einer Schulnote bewerten müssten, wie würde die Benotung ausfallen?
In der Mitte gefällt mir die Vielfalt und dass dadurch die Themen breit abgestützt sind, sowie dass sich dadurch das allgemeine Stimmungsbild in der Bevölkerung gut ableiten lässt, wie man an den Abstimmungsresultaten auch erkennt. Es handelt sich um eine Politik, die wichtige Themen aufnimmt und eine sachliche, materielle Auseinandersetzung anstrebt und nicht auf die grösstmögliche mediale Aufmerksamkeit abzielt. Ich würde eine sehr gute Note 5.5 geben.
Was benötigt es, damit diese Bewertung dereinst noch besser ausfällt?
Ich würde mir wünschen, dass man gerade junge Menschen noch besser erreichen und vor allem motivieren kann, Mitglied bei uns zu werden.
Was sind Ihre persönlich wichtigsten Kernanliegen? Wofür möchten Sie sich einsetzen?
Umwelt:
Unsere Lebensgrundlage ist gefährdet. Alle Ressourcen, die wir für ein gutes Leben brauchen, stammen schlussendlich aus der Natur. Wenn wir mehr Ressourcen verbrauchen, als wieder nachwachsen können und wenn wir mehr Emissionen verursachen, als abgebaut werden können, haben wir irgendwann ein Problem. Wir müssen einen Weg finden, weniger Ressourcen zu verschwenden und die schädlichen Emissionen zu senken.
Energie:
Was ich schon lange betone, hat sich aktuell wieder bestätigt: Energie ist zu wichtig, um von anderen Ländern abhängig zu sein. Wir müssen auf unsere eigene, erneuerbare Energie setzen, um nicht von Staaten wie bspw. Russland, Saudi-Arabien und Venezuela abhängig sein.
Öffentlicher Verkehr:
Als konsequente ÖV-Nutzerin bin ich sehr oft in Bahn und Bus unterwegs. Ein zuverlässiger, sicherer und bezahlbarer ÖV ist mir sehr wichtig. Es freut mich daher auch, dass der Doppelspurausbau für den Halbstundentakt auf der Rheintallinie realisiert wird. Für solche Anliegen lohnt sich ein hartnäckiger Einsatz.
Politische Vielfalt:
Die Politik soll die Gesellschaft widerspiegeln. Daher ist es wichtig, dass alle Personengruppen angemessen in der Politik vertreten sind. Nicht nur Frauen, sondern auch junge Menschen sind in der Politik immer noch untervertreten. Ich möchte mit meinem Engagement etwas dazu beitragen, dass sich mehr junge Personen und Frauen für politische Ämter zur Verfügung stellen.
Sicherung des Wohlstandes:
Wir müssen Strukturen schaffen, in denen jede/r Arbeitswillige und Arbeitsfähige jederzeit die ihm/ihr angemessene Arbeit erhalten kann.
Ein starker Sozialstaat: Gerade in der Corona Krise hat sich gezeigt, wie wertvoll ein stabiles Auffangnetz ist. Die Erfahrung zeigt, dass Staaten, die ihre sozialen Probleme vernachlässigen, eines Tages eine saftige Rechnung kriegen. Unsere Sozialversicherungen haben daher unsere volle Aufmerksamkeit verdient.
Ohne Bildung keinen Wohlstand. Bildung ist darauf auszurichten, Menschen zur Selbstständigkeit heranzuziehen. Wir brauchen Menschen, die nicht nur für sich selber sorgen können, sondern auch zur Erhaltung unseres freiheitlichen Staates etwas beitragen. Das Bewusstsein, dass Bildung die Wohlfahrt fördert, muss wieder mehr geweckt werden. „Es müssen grosse finanzielle Mittel vom Staat zur Verfügung gestellt werden, um das Recht auf Bildung ohne Rücksicht auf Alter, Herkunft und Geschlecht zu einem echten Menschenrecht werden zu lassen.“, schreibt das Departement des Innern des Kantons St. Gallen schon 1976 in seinem Buch «Der Staat als Lebensraum».
Welche politischen Ambitionen haben Sie? In welcher Funktion würden Sie dereinst gerne aktiv sein?
Es würde mich freuen, bei den nächsten Wahlen als Kantonsrätin gewählt zu werden. Ich möchte mich aber auch schon vorher an den Nationalratswahlen beteiligen.
Kommt es vor – ob im politischen Umfeld oder auch privat –, dass Sie eine extreme Position einnehmen, weil Sie Freude an der Debatte haben?
Ich würde sagen nein. Natürlich debattiere ich gerne, aber es soll immer um die Sache gehen und nicht darum, künstlich eine Diskussion anzuheizen.
Wie fühlen Sie sich, wenn Sie merken, dass Sie falsch liegen?
Das ist natürlich unangenehm, vor allem in der Öffentlichkeit. Aber meine Überzeugung lautet dennoch: Es ist besser, einen Fehler zuzugeben, als an einem Fehler festzuhalten.
Stichwort «Diversität»: Gibt es einen Film, den Sie mögen, obwohl er bei dieser Thematik gegen einige Grundsätze verstösst?
Nein.
Möchten Sie eine neue Bekanntschaft in erster Linie von Ihren Qualitäten oder von Ihrer politischen Stossrichtung überzeugen?
Keines von beiden. Als Politikerin präsentiere ich natürlich meine Standpunkte und möchte damit in erster Linie Informationen und Argumente aufzeigen. Ich habe aber nicht die Erwartungshaltung, dass alle gleicher Ansicht sein müssen.
Gibt es in der jüngsten Vergangenheit der Schweiz einen politischen Meilenstein, der Ihnen so gar nicht in den Kram passt?
Ich empfinde die Ablehnung des CO2-Gesetzes als verpasste Chance. In diesem Bereich besteht dringender Handlungsbedarf.
Welche drei Punkte stehen aktuell ganz oben auf Ihrer politischen Pendenzenliste?
Frauen und junge Menschen für politische Ämter und Aufgaben motivieren
AHV sichern
Bezahlbare Krankenkassenprämien
Und welche drei Punkte stehen auf der privaten Liste?
Zusammen mit meinem Mann die Westschweiz besser kennenlernen
Meine Italienisch-Kenntnisse auffrischen
Alle Gipfel der Churfirsten erklimmen
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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