Der neue Rorschacher Stadtpräsident wird im Mai 2019 gewählt. Ein ambitionierter Kandidat wurde jetzt schon ausgebremst.
An einem «runden Tisch» gemeinsam eine erfolgsversprechende Kandidatur festlegen: Das war der Marschplan von FDP und CVP. Mit einer Hauruckübung hat die FDP beziehungsweise einzelnen ihrer Exponenten das durchkreuzt: Noch bevor der runde Tisch richtig in Betrieb war, hoben sie den Thaler Gemeindepräsidenten Robert Raths (FDP) auf den Schild.
Gegen aussen geben sich alle Beteiligten konziliant und wollen dieses Vorgehen nicht explizit kritisieren; hinter den Kulissen sind sie aber konsterniert. Vor allem Stadtrat Stefan Meier (CVP) muss sich seltsam vorkommen: Der Gewerbevereinspräsident hat zwar noch keine offiziellen Absichten deponiert, aber es ist bekannt, dass ihn das Stadtpräsidium sehr interessiert. Und er hätte gute Voraussetzungen bei einer Wahl.
Hätte, denn: Das Vorpreschen einer kleinen Gruppe von Freisinnigen bringt Meier nun in die Zwickmühle. Es gilt als gesichert, dass die SP – sie nominiert Mitte November – ins Rennen steigt, voraussichtlich mit Stadtrat Guido Etterlin. Kandidieren Meier (CVP) und (Raths) beide, werden sie sich im bürgerlichen Lager gegenseitig Stimmen wegnehmen, und die SP könnte die lachende Dritte sein.
Das ist für CVP-Mann Meier umso bitterer, als er laut Informationen aus seinem Umfeld schon vor rund zwei Wochen überlegt hat, seine Kandidatur offiziell anzumelden. Er verzichtete, um ein geordnetes gemeinsames Vorgehen der Bürgerlichen zu ermöglichen. Nun wurde er förmlich ins Abseits gestellt durch Raths und dessen FDP-Kollegen. Oder anders gesagt: Er war wohl zu anständig.
Wäre der Fahrplan des «runden Tisches» eingehalten worden, hätten die bürgerlichen Parteien Pro und Kontra der möglichen Kandidaturen - beispielsweise von Raths und Meier - abwägen und sich auf eine einigen können. Die frühe Ankündigung von Robert Raths hat das verunmöglicht. Er ist nun faktisch der einzige bürgerliche Kandidat. Jedenfalls, wenn man kein Risiko eingehen will.
Es ergeben sich zwei mögliche Szenarien: Die anderen bürgerlichen Parteien akzeptieren den ihnen aufgezwungenen Gemeindepräsidenten von Thal und stellen sich demonstrativ hinter ihn, auch wenn ihnen das Vorgehen sauer aufstösst. Oder aber sie bringen doch eine zweite bürgerliche Kandidatur. Dann ist mindestens ein zweiter Wahlgang vorprogrammiert oder – aus ihrer Sicht – Schlimmeres: Die Wahl des SP-Kandidaten.
Es wäre eine hübsche Ironie der Geschichte: Die Strippenzieher der FDP hätten in diesem Fall für einen Stadtpräsidenten der SP gesorgt.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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