Wer den Umzug am Kinderfest St.Gallen in der ersten Reihe bewundern will, muss sich einen Platz kaufen. Fällt es aus, ist das Geld weg.
Alle drei Jahre findet das derzeit wieder vieldiskutierte St.Galler Kinderfest statt. Nächstmöglicher Termin für die Durchführung ist Mittwoch, 20. Juni, und unser Meteorologe Jörg Kachelmann ist guter Dinge.
Wer das bunte Treiben auf der Kinderfestwiese verfolgen will, muss keinen Eintritt bezahlen, der Besuch ist kostenlos. Das gilt auch für den Umzug. Wer keine Lust hat, zu stehen, kann sich eine Sitzfläche mitnehmen - oder einen Platz auf den offiziellen Sitzbänken oder der Tribüne kaufen. 10 Franken berappt man für den Bankplatz, 20 Franken kostet der Tribünenplatz. Der Vorverkauf läuft bereits, auch am Tag selbst kann man zuschlagen.
Insgesamt kommen 2400 Sitzbankplätze in den Verkauf, wie Simon Netzle von der städtischen Kommunikationsabteilung sagt. Tribünenplätze hat es ingesamt 1000, aber nur 640 werden angeboten, der Rest ist für Gäste vorgesehen. Insgesamt fliessen so um die 36'000 Franken in den Anlass, wenn alle Plätze gekauft werden.
Die zahlreichen Verschiebedaten haben auch dieses Jahr die Befürchtung ausgelöst, es werde nicht für eine Durchführung reichen. Fällt das Kinderfest aus, ist auch das Geld für einen Sitzplatz weg. Denn eine Rückerstattung wird ausdrücklich ausgeschlossen. Netzle dazu: «Die Besucherinnen und Besucher kaufen die Sitzplatz-Tickets im Wissen, dass diese nicht zurückgegeben werden können.». Der Ticketkauf setze erst richtig ein, wenn sich der Durchführungstermin abzeichnet «und die Leute wissen, dass sie auch sicher teilnehmen können und wollen – auch dieses Jahr.»
Zumindest im Fall der - teureren - Tribüne scheint das nur bedingt der Fall zu sein, sie jetzt schon ist nahezu ausverkauft. Es gebe «nur noch einige wenige Tribünenplätze», sagt Netzle. Das Gros der Sitzbankplätze hingegen werde unmittelbar vor und am Festtag verkauft. «Derzeit gibt es davon noch 60 Prozent.»
Statistisch gesehen ist die Gefahr klein, dass das Geld verloren ist. Seit Einführung des Dreijahresturnus habe das Kinderfest immer stattgefunden, sagt Netzle nach einem Blick ins Archiv, und der Umzug wurde nur einmal - im Jahr 1974 - abgebrochen. «Deshalb lässt sich das Kinderfest auch nicht mit anderen Anlässen vergleichen, insbesondere mit fixen Terminen, wie zum Beispiel den Festspielen.» Zudem sei es auch erlaubt, eigene Sitzgelegenheiten mitzubringen und am Strassenrand aufzustellen. Netzle: «Die offiziellen Sitzbank- und Tribünenplätze geben einfach die Garantie, den Umzug aus erster Reihe sitzend miterleben zu können.»
Ganz abgesagt aufgrund des Wetters wurde das Kinderfest in der jüngeren Vergangenheit nur einmal, 1947. Zwei Tage zuvor hatten die Organisatoren grünes Licht gegeben, dann setzte Regen ein, das Fest wurde abgeblasen. Abbrüche im laufenden Betrieb gab es etwas mehr: 1953 während des Umzugs, der dann teilweise nachgeholt wurde, 1963 nachmittags, 1968 (zwei Tage später nachgeholt), 1971 während des Umzugs (zwei Wochen später nachgeholt) 1974 am Mittag und - vielen noch in Erinnerung - 2012 abends. Zwischen 1968 und 1974 musste das Kinderfest damit drei Mal in Folge abgebrochen werden.
Für eine Kinderfestpause über mehrere Jahre sorgten die beiden Weltkriege. Aufzeichnungen aus dem vorletzten Jahrhundert sind zum Teil lückenhaft. Nachdem das Kinderfest damals im jährlichen Turnus stattfand (1824 bis 1914), ist davon auszugehen, dass es das eine oder andere Mal nicht stattfinden konnte. Der Rhythmus wurde später auf alle zwei, dann auf alle drei Jahre ausgeweitet.
Ob man früher auch so vorsichtig war, was die idealen Wetterbedingungen angeht, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. 2024 feiert das St.Galler Kinderfest sein 200-Jahr-Jubiläum. Vielleicht eine Gelegenheit, meint Simon Netzle, um solchen historischen Fragen nachzugehen.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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