An der diesjährigen St.Galler Fasnacht hatte erstmals Oskar Seger als neuer Präsident das Zepter in der Hand, gemeinsam mit einem erweiterten Vorstand. Im Interview erzählt er, wie seine erste Amtszeit gelaufen ist - und wie er den Streit mit den Guggen beigelegt hat.
Oskar Seger, Ihre erste Fasnacht als Präsident der Fasnachtsgesellschaft ging soeben zu Ende. Wie ist es gelaufen?
Wir sind sehr zufrieden mit der St.Galler Fasnacht 2024. Es ist uns gelungen, den Zusammenhalt der einzelnen Akteure zu fördern und die Fasnacht wieder zu beleben. Natürlich möchten wir nun aus allen herangetragenen Feedbacks lernen und die Fasnacht in der Innenstadt weiter ausbauen und noch attraktiver gestalten in Zukunft.
Was war in diesem Jahr neu?
Wir haben uns im Vorfeld mit fast allen Fasnachtsorganisationen in der Stadt und Region ausgetauscht und darüber gesprochen, wie die künftige Zusammenarbeit optimiert und Synergien genutzt werden können. Die Fasnacht ist eine Zeit, ein Gefühl und keine Organisation. Dies kam sehr gut an. Weiter hatten wir zwei grosse, überdachte und beleuchtete Bühnen in der Innenstadt. Dies wurde ebenfalls, insbesondere von allen Guggen, sehr geschätzt. Nach den obligaten Highlights wie dem Anguggen oder dem Föbüverschuss sorgten wir mit anschliessenden Guggenauftritten auf den Bühnen für eine gute Stimmung. Die Besucherinnen und Besucher verweilten durch diese Massnahme noch lange in der Innenstadt. Das Waaghaus hatte ebenfalls wieder eine Bühne und war zudem dekoriert. Ebenso haben wir die Social-Media-Aktivitäten ausgebaut.
Besonders im letzten Jahr gab es Misstöne – vor allem seitens der Guggen wurde das Komitee kritisiert. War die Stimmung dieses Jahr besser?
Ja, definitiv. Wir haben uns während der Fasnacht intensiv mit den Guggen ausgetauscht und sehr gute Feedbacks erhalten. Die eingebrachten Verbesserungsvorschläge haben wir ebenfalls aufgenommen und werden diese in den nächsten Jahren umsetzen.
Basel und Luzern sind bekannte Fasnachtsstädte. Wie weit ist St.Gallen davon entfernt eine solche zu sein?
Basel und Luzern sind natürlich sehr bekannte Fasnachtsstädte. St.Gallen hat aber noch viel Potential. Wenn wir die Besucherzahlen des Umzugs am Fasnachtssonntag mit etwa 25'000 Personen anschauen, bin ich davon überzeugt, dass wir ebenfalls eine Fasnachtsstadt sind. Wir müssen dafür sorgen, dass der Funken vom Sonntag auch zu den anderen Tagen überspringt.
Der Fasnachtsumzug am Sonntag war in diesem Jahr kleiner als in den Vorjahren. Woran hat das gelegen?
Der Umzug war eigentlich nur in Bezug auf die Anzahl Gruppierungen kleiner. In den Vorjahren hatten wir circa acht bis zehn Gruppen mehr. Die einzelnen Gruppen waren aber grösser als in den Vorjahren, sodass über 900 Personen mitgelaufen sind. Auch die Besucherzahlen waren fast rekordverdächtig. Die rückläufigen Anmeldezahlen von Gruppierungen können verschiedene Gründe haben. Wir schauen nun aber vorwärts und sind uns sicher, dass wir nächstes Jahr wieder mehr haben.
Wie wollen Sie potenzielle Teilnehmer begeistern, um in Zukunft mitzumachen?
Wir müssen noch früher auf die Teilnehmenden zugehen und diese auch frühzeitig in die Planung einbinden. Weiter müssen wir die St.Galler Fasnacht als Ganzes ausbauen und attraktiver machen.
Einige der Schnitzelbänggler werden vermutlich aus Altersgründen bald aufhören. Ist Nachwuchs in Sicht?
Das haben wir ebenfalls im Blickfeld. Wir werden uns in den kommenden Wochen intensiv mit den Schnitzelbänklern austauschen und uns für Nachwuchs einsetzen.
Die Bühnen in der Innenstadt und die Verpflegung der Umzugsteilnehmer kosten Geld. Wie wird das alles finanziert?
Über Mitgliederbeiträge, Gönnerinnen und Gönner und Sponsoringeinnahmen. Weiter dienen die Einnahmen des Verkaufs des Fasnachtspins und der Vermietungen von Standflächen der Verpflegungsstände für die Deckung der Ausgaben.
Wie sieht Ihre Vision für die St.Galler Fasnacht in fünf Jahren aus?
An jedem Tag mindestens zehn Guggen, drei bis vier grosse Bühnen, zahlreiche Schnitzelbänkler und volle Fasnachtsbeizen – eine Stadt, die die Fasnacht spürt, erlebt und lebt, über die Grenzen der Stadt hinaus.
(Bild: Astrid Nakhostin)
Astrid Nakhostin (1959), freischaffende Journalistin, hat Betriebswirtschaftslehre studiert und war 26 Jahre lang als Marketingleiterin bei St.Gallen-Bodensee Tourismus tätig. Die letzten fünf Jahre gehörte sie dem Redaktionsteam des Swissregio Media Verlags an, zuletzt als Redaktionsleiterin der Bodensee Nachrichten.
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