Aktivisten stören regelmässig Standaktionen von Scientology. Geplant ist eine solche Aktion auch am 20. Juli in St.Gallen. Es soll alles nach dem Gesetz stattfinden, heisst es. Einer der aktivsten Gegner hat aber in einem Verfahren einen Strafbefehl kassiert - weil er es zu weit trieb.
Scientology spaltet die Gemüter. Die aus den USA stammende Organisation ist offiziell eine Kirche, wird aber von vielen als Sekte bezeichnet. Mit Standaktionen und anderen Aktivitäten versucht Scientology, neue Mitglieder zu gewinnen - auch in der Schweiz.
Mit systematischen Störaktionen wollen Kritiker der Kirche dafür sorgen, dass die Scientology-Vertreter an ihren Präsenzen in den Zentren von Städten einen schweren Stand haben. In St.Gallen war das vor einigen Wochen bereits der Fall, nun ist die nächste Aktion geplant. Man informiere die Polizei stets über das Vorhaben und halte sich an die Gesetze, sagen die Aktivisten, die aus einem kleinen harten Kern bestehen.
Zumindest in der Vergangenheit war das allerdings nicht immer der Fall. Diesem harten Kern gehört auch ein gebürtiger Deutscher an, der in Basel lebt. Am 15. Januar 2019 erging gegen ihn ein Strafbefehl, der derzeit noch nicht rechtsgültig ist, da Einsprache gemacht wurde. Darin wird er einer Reihe von Straftatbeständen für schuldig erklärt: Mehrfache Tätlichkeiten, mehrfache üble Nachrede, mehrfache Beschimpfung, mehrfache Drohung und mehrfache, teilweise versuchte Nötigung.
Die Gesamthöhe der Schuld aus dem Urteil liegt bei über 4300 Franken, darunter eine Geldstrafe und eine Busse. Dazu kommen die Verfahrenskosten, die dem Verurteilten auferlegt wurden.
In dem Strafverfahren geht es um Fälle, die his ins Jahr 2015 zurückgehen. Zum einen hatte der Mann auf seinem Account bei Google+ immer wieder üble Nachrede verübt. Das Opfer war dabei ein Mitglied von Scientology, das unter anderem im Zusammenhang mit seiner beruflichen Arbeit diskreditiert wurde.
Weitaus die meisten strafbaren Handlungen beziehen sich aber auf Aktivitäten rund um Standaktionen von Scientology. Zwischen dem 1. und 28. November 2015 hatte der Deutsche eine wahre Lawine losgetreten. Er war laut Strafbefehl fast täglich, zum Teil mehrmals pro Tag am Stand in Basel aufgekreuzt und hatte dort Gespräche zwischen Besuchern und Scientology-Vertretern aktiv gestört und zudem fotografiert.
Am 3. Mai 2016 verpflichtete sich der Sicentology-Gegner aufgrund einer Verfügung des Zivilgerichts Basel, solche Handlungen zu unterlassen. Zwischen August 2016 und November 2016 ging er dann aber dennoch wieder auf «Tour». Neben verbalen Ausfälligkeiten kam es dabei zu den erwähnten Tätlichkeiten: Spucken ins Gesicht, Abreissen eines Namensschild von der Jacke, Griff zwischen die Beine.
2017 folgte ein Fall der üblen Nachrede. Der Deutsche sorgte mit einem diskreditierenden Eintrag auf Facebook dafür, dass der Betreiber eines Cafés seine Reservation zurückzog, die er einem Vortragshaltenden zugesichert hatte. Letzterer argumentierte, durch die abgesagte Veranstaltung sei ihm ein Schaden von rund 2400 Franken entstanden.
Laut Jürg Stettler von der Scientology Kirche sei derselbe Mann nun vor zwei Wochen mit zwei weiteren Personen bei einem Stand in Luzern aufgetaucht, und sie mussten «nach massiven Belästigungen» von der Polizei weggewiesen werden. Nur eine Person durfte in der Nähe des Stands bleiben. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Betreffende auch in St.Gallen auftauchen werde. «Es geht nicht darum, deren Meinung einzuschränken, das dürfen sie sehr wohl», so Stettler, aber dann nicht als massive Störaktion.» Im konkreten Fall handle es sich nicht um friedliche Demonstranten, wie der Strafbefehl zeige.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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