In seinem neuen Bildband «StauWerke» zeigt der Fotograf Simon Walther aus Wattwil 47 Staumauern aus ungewohnten Perspektiven. Er belichtet die komplexen Bauwerke aus dem Blickwinkel der Kunst. Den Text beigesteuert hat Köbi Gantenbein, der Verleger des Magazins Hochparterre.
Fotograf Simon Walther zeigt in seinem neuen Bildband Staumauern aus unbekannten Blickwinkeln. Er versteht Fotografie nicht nur als Darstellung und Dokumentation. Simon Walther sucht das Künstlerische in den monumentalen Bauten, die sonst nur praktischen Zwecken dienen. Er findet es in extremer Bildauflösung– fast so hoch wie die Mauern selbst.
Neue Sichtweisen auf alten Beton
Die Staumauern aus ungewohnten Perspektiven einzufangen, war aufwendig: meist versteckte sich der ideale Standort oder war gar abgesperrt. Simon Walther überwand für seine Bilder viele Höhenmeter, um den besten Ort zu finden; wartete stundenlang auf perfektes Licht. Oft war er noch unterwegs, wenn die Sonne untergeht oder wanderte los, wenn die Nachtruhe für viele beginnt. Er stand am Abgrund und stiess an Grenzen – physische und bauliche. Fotografieren braucht Geduld und den Blick für das Besondere. Das beste Bild ist nicht planbar: Aus einem Sternverlauf in klarer Nacht wurde zum Beispiel ein mystisches Nebelbild.
Köbi Gantenbein gewährt den Lesern im Essay sehr persönliche Einblicke in eine Kindheit und Jugend, die von der Wasserkraft geprägt war. Er wuchs im Engadin auf; Marmoreras Schicksal beschäftigte ihn bereits als kleiner Junge, als Bündner und als Politiker kennt er die wirtschaftliche Bedeutung der Wasserkraft für seinen Kanton und die Bedrohung der Wasserwirtschaft für die Landschaft.
Strom durch Wasserkraft hat Tradition in der Schweiz
Produziert wird Strom dank mächtiger und komplexer Bauwerke hoch oben in den Bergen. Die Staumauern sperren Täler, längst sind die tausenden Tonnen Beton verwachsen mit der Landschaft. Die erste Staumauer in Europa wurde 1872 an der Saane bei Fribourg erbaut und läutete damit das Kapitel des Wasserstroms in der Schweiz ein. Heute gehören die mehr als 200 Talsperren in der Schweiz zur Kultur und zur Landschaft der Alpen. Komplexe Systeme aus Fassungen, Ausgleichsbecken, Stollen, Pumpanlagen, Turbinen und Stromleitungen produzieren 36,3 Terrawattstunden Strom. Simon Walther verleiht dieser unvorstellbar abstrakten Zahl ein Gesicht.
Als Betrachter sehen wir immer nur den Augenblick, in dem Simon Walther auf den Auslöser drückte. In warmen Sommernächten, in verschneiten Tälern, bei Nebel – zu Uhrzeiten und Unzeiten, zu welchen viele sich kaum aus dem Haus und erst recht nicht hoch in die Berge wagen. Simon Walther nimmt uns diese Mühsal ab und liefert uns ungewohnte Bildausschnitte auf Werke, die stauen.
«StauWerke» ist im Benteli Verlag erschienen. Weitere Informationen: www.stauwerke.ch
Zu den Personen
Simon Walther, geboren 1965, ist Schweizer Fotograf und Gestalter. Nach seiner Ausbildung zum Reklamegestalter und Grafiker gründete er 1989 die Agentur 2plus.ch für Corporate Design und Kommunikation. Seit 2010 fotografiert er auch. Für eigene Projekte treibt ihn dabei seine Leidenschaft zur Perfektion. Bisher sind die Bildbände «bergüber» und «ZwischenSaison» von ihm erschienen; seine Bergpanoramen im Grossformat hängen in allen Bächli Bergsport Filialen. Simon Walther lebt und arbeitet in Wattwil (SG) und in seinem «Basecamp» in Maloja (GR). 2019 erhielt er den Toggenburger Kulturpreis.
Köbi Gantenbein, geboren 1956, ist Verleger von Hochparterre. Er schreibt über das Bauen und die Kultur der Alpen. Seit Kind beschäftigt er sich mit Stauseen – als Bub staute er Bächlein und baute Wasserräder daran; als Jüngling bewunderte er die Ingenieure der grossen Staudämme Graubündens, als Journalist beschäftigt er sich mit der Ökonomie der Wasserkraft und ihren politischen und gesellschaftlichen Folgen – und den Auswirkungen auf die Landschaft. Er ist Präsident der Kulturkommission von Graubünden, wohnt und arbeitet in Fläsch und Zürich. Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete zeichnete ihn mit ihrem Preis aus für seine Beiträge zu Planung und Architektur in den Alpen. 2013 erhielt er den Zürcher Journalistenpreis für Leben und Werk.
«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund 300'000 Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG, ein Tochterunternehmen der Galledia Regionalmedien.
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