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Zeyer zur (Ferien-)Zeit

Alptraum Sommerferien, Teil 5

Streulis aus Bischofszell starten in den ersten richtigen Ferientag auf der Dominikanischen. Höhepunkt des Tages: die Animation am Strand. Und der Sonnenbrand. Und die Pizza. Aber der Reihe nach.

«Die Ostschweiz» Archiv am 12. Juli 2022

Das Frühstücksbuffet im Tropical Resort & Suites in Punta Cana war etwas für Liebhaber von dünnem Kaffee, Schaumgummibrötchen, flüssiger Butter und geschmacklich undefinierbarer Konfi. «Der O-Saft ist gar nicht frisch», beschwerten sich die beiden Kids, auch Marlis und Peter Streuli hatten sich den Start in den Tag tropischer vorgestellt. «Und die Früchte sind aus der Büchse», seufzte das Familienoberhaupt.

«Kommt Kinder, auf zum Strand», lockte dann Marlis. Nach einem kurzen Abstecher in den unverschämt teuren Hotelshop, wo man sich mit Badesachen eindeckte, marschierte Familie Streuli zum Hotelstrand. Immerhin, als Schweizer Frühaufsteher ergatterten sie noch vier Liegen unter einem Sonnenschirm. Kaum hatten sie sich dort eingerichtet, kam ein Hotelmitarbeiter vorbei. Er hatte vier Handtücher mitgebracht, die ihm dankbar abgenommen wurden. «That will be 20 dollar, plus the sombrilla, 30 dollar. Cash please.»

«Aber das ist doch inclusive», protestierte Streuli, «all inclusive.» Solche Einwände war sich der fröhliche Dominikaner gewohnt: «Tumbona sí, äh, deck chair yes, rest 30 dollar.» Fluchend kramte Streuli die letzten Dollarnoten aus seinem Portemonnaie, die eigentlich für den Kauf von Souvenirs reserviert waren. «So eine Abzocke», murmelte er vernehmlich, aber da war der Hotelboy bereits fröhlich davonspaziert.

Aber immerhin, der Strand war weiss, das Meer blau und warm, sogar die Versorgung mit kalten Getränken funktionierte, kostete aber extra. Marlis und Peter schmierten sich kräftig mit Sonnencreme ein und überwachten mit Argusaugen die beiden Kids, die im Meer planschten. «Nicht zu weit hinausschwimmen», hatte Marlis ihnen noch mitgegeben. Schliesslich warfen sich auch die Eltern in die Fluten und stellten erstaunt fest, dass das Meerwasser ziemlich salzig war.

Immer noch von Jetlag geplagt schliefen sie dann friedlich ein, bis Peter erwachte und auf die Uhr schaute: «Oh, schon eins, wer kommt mittagessen?» Alle hatten Hunger, also liess man die Tücher auf den Liegen zurück und machte sich auf den Weg zum Buffet.

«Heute Abend essen wir dann aber italienisch», tröstete Peter seine Familie. Am Strand war die Stimmung inzwischen entschieden feuchtfröhlicher geworden. Eine Horde knallroter Engländer hatte schon fleissig dem Gratis-Bier zugesprochen. Auftritt des Animators. Der identifizierte Marlies und Peter sofort als noch einigermassen nüchterne Touristen und winkte sie zu sich. Leicht peinlich berührt beschlossen beide, keine Spielverderber sein zu wollen.

«Where do you come from», spulte der Animator seine Routine runter, «oh, Sweden, I like Sweden.» Er wedelte Streulis Protest beiseite und holte eine Limone aus seiner Tasche. «Now we need another volunteer», kündete er fröhlich an, und die erste nicht mehr ganz nüchterne englische Touristen wurde auf die Bühne gebeten. «We make a funny game now», kündigte der Animator an. «You see lemon, and here is» – «Peter», half Peter aus, «here is Peter from Sweden. So, now, take this lemon.» Die Engländerin nahm die grüne Zitrone in die Hand. «And now, you need a little courage. Put the lemon here in the trunks of Peter. Enter left, leave right.» Die Engländerin kicherte animiert, während Peter hoffte, dass trunks nicht Badehose bedeutete. Als sie ihm versuchte, die Limone oben links genau dort hineinzustecken, wich er erschreckt zurück.

«Come on, Peter», waltete der Animator seines Amtes, «that’s funny.» Die Engländer waren inzwischen auf das Spiel aufmerksam geworden und feuerten ihre Landsfrau lautstark an. «Come on, baby, move that lemon. And don’t touc his balls.» Grölendes Gelächter, Peter fühlte sich zu schwach, ihren zweiten Angriff abzuwehren. Als die Limone endlich aus seinem linken Hosenbein fiel, brandete donnernden Applaus auf.

Peter wankte von der Bühne, und Marlies empfing ihn mit einem eisigen «hoffentlich hat’s dir Spass gemacht, und das noch vor den Kindern.»

Erst gegen Abend wechselte man wieder erste Worte auf dem Weg zum Italiener. Schlange am Eingang, aber diesmal öffnete sich die Türe. Die Kids bestellten Pizza, die Eltern einmal Carbonara und einmal Bolognese. Als zwei Teigfladen und zwei Teller halbvoll mit verkochter Pasta serviert wurden, einmal mit Ketchup, einmal mit Senfmayo, wussten Streulis, dass auch das kein kulinarischer Höhenflug werden würde.

«Hast du mal in den Spiegel geschaut», fragte Marlies plötzlich. Peter hob die Augenbrauen. Er musste sowieso auf die Toilette, und im Spiegel sah er dann die Bescherung. Knallrot im Gesicht, offenbar war die Sonnencreme doch nicht wasserfest gewesen. Vorsichtig hob er sein T-Shirt an: knallroter Oberkörper. Blick nach unten: knallrote Beine. Und langsam begann es unangenehm zu ziehen und zu piecksen.

Es war dann ein schwacher Trost für ihn, dass sich die ganze Familie stundenlang schlaflos in den Betten hin und her wälzte. Die Sonnencreme war längst aus, der Shop geschlossen. Aber immerhin: die Betten waren frisch gemacht worden, das war doch ein Fortschritt.

Hier geht’s zu Teil eins, zwei, drei und vier. Fortsetzung und Schluss folgt.

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