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Zoodirektorin Karin Federer

Zwischen Tigern und Löwen: Ein Haifischbecken?

Als jüngste Zoodirektorin der Schweiz machte Karin Federer vom Gossauer Walter Zoo von sich reden. Zwei Jahre später gestaltet sie  massgeblich die Zukunft des Zoos mit. Wohin die Reise gehen soll und wie es sich anfühlt, in der Familiendynastie zu arbeiten, sagt die 33-Jährige im Interview.

Manuela Bruhin am 30. September 2019

Sie sind in einer tierischen Familie gross geworden, Ihr Grossvater war der «Tierli Walter». Lag es also auf der Hand, dass Sie im Zoo arbeiten werden? Oder gab es einmal eine Phase der «Rebellion»?

Karin Federer: Ja, es war wirklich sehr früh klar, was ich einmal werden will. In einem Freundschaftsbuch in der ersten Klasse hatte ich schon den Wunsch verewigt, Tierärztin zu werden. Ende des Gymnasiums interessierte ich mich auch für Biologie, fand aber, dass die Kombination mit dem medizinischen Bereich ideal ist. Und diese Entscheidung habe ich bis heute nie bereut – Tierärztin zu werden, war mein Traumberuf.

Dabei blieb es ja nicht. Mit gerade einmal 32 Jahren wurden Sie zur jüngsten Zoodirektorin der Schweiz.

Karin Federer: Das stimmt. Ich habe das aber gar nicht so richtig wahrgenommen, wie es vielfach in den Medien stand. Der Übergang war eigentlich sehr fliessend. Bereits während meiner Studienzeit habe ich natürlich durch meine Eltern vieles mitbekommen. Dennoch musste ich mir ganz am Anfang die Frage stellen: Will ich überhaupt in der Geschäftsleitung vertreten sein? Also eher weg von der Tiermedizin, hin zu der Zoo-Entwicklung, den Führungsaufgaben und den Finanzen? Ich habe dann eine Weiterbildung im Bereich Management an der HSG absolviert, und dabei stellte sich heraus, dass ich auch in der strategischen und operativen Führung eines Unternehmens meine Begeisterung finde. Das gesamte Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier fasziniert mich.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit innerhalb der Familie? Oftmals ist es für die Eltern nicht einfach, das Zepter dem Nachwuchs zu übergeben.

Karin Federer: Ich habe das grosse Glück, dass mein Vater, auch nach all den Jahren im Zoo und mit dieser grossen Erfahrung, neuen Ideen und Themen gegenüber immer sehr aufgeschlossen ist. Er sinniert nicht nach der «guten alten Zeit». Wir haben untereinander eine sehr gute Zusammenarbeit, und auch das Team innerhalb des Zoos ist sehr lässig. Konkurrenzdenken gibt es bei uns nicht.

Das tönt nach grosser Harmonie.

Karin Federer: Natürlich gibt es auch Tage, an denen einer mal schlechte Laune hat. Dann ist man vielleicht innerhalb der Familie direkter und lässt es den anderen mehr spüren. Angelegenheiten werden dadurch angesprochen oder eine Diskussion fällt einmal heftiger aus. Dennoch sind meine Eltern nicht diejenigen, denen es schwerfällt, einen Schritt zurückzutreten.

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Unter Ihrer Federführung gab es mit der Löwenanlage und dem Savannenhaus bereits zwei grössere Bauten. Gab es da auch einmal Phasen, in denen Ihnen mulmig zumute war?

Karin Federer: Klar. In der Vergangenheit hatte ich natürlich nicht so viele Berührungspunkte im Bereich Bauten. Ich war entsprechend der Laie in der Runde. Aber auch hier kann ich auf die Unterstützung und das Wissen meines Vaters setzen. Ich bin sehr froh, dass er mich in diesen Belangen so gut berät. Auch im Hinblick auf die finale Phase des Masterplans.

Dieser zeigt auf, wie sich der Zoo künftig entwickelt. Können Sie da schon mehr verraten?

Karin Federer: Wir verfügen im Hinblick auf einen Ausbau über eine ähnlich grosse Fläche, wie es bereits jetzt der Fall ist. Diese Fläche muss aber erst umgezont werden. Der Masterplan enthält daher die gesamte Entwicklung bis 2040. Darin wird auch die Strategie der nächsten Jahre festgelegt. Auch, wenn wir uns vergrössern, wollen wir ein Familienunternehmen bleiben. Der Schwerpunkt wird noch stärker auf die Kinder und die Bildung gelegt. Teilweise wurden in diesem Bereich bereits entsprechende Massnahmen umgesetzt – wie beispielsweise mit der Zooschule. Auch der Natur- und Artenschutz wird uns vermehrt beschäftigen. Gerade der Artenschutz ist die grosse Gratwanderung, welche ein Zoo zu bewältigen hat.

Das heisst?

Karin Federer: In erster Linie sind wir natürlich für die Pflege und die Haltung jedes einzelnen Individuums da. Tierhaltung und Tierschutz sind daher zentrale Themen. Dennoch müssen wir auch für das Ganze denken. Das heisst: für eine ganze Gruppe oder eine ganze Art. Um eine Art zu erhalten, braucht es manchmal auch Entscheide gegen ein Individuum. So geschehen bei der Giraffe Marius in Kopenhagen vor einigen Jahren. Obwohl er gesund war, war er genetisch für die Zucht ungeeignet. Daher wurde er getötet und verfüttert. Dies löste bei vielen Leuten grosse Empörung aus. Das ist ein Spannungsfeld, welches noch einer grösseren Aufklärungsarbeit bedarf. Ein Zoo übernimmt eine weitaus grössere Aufgabe, als «nur» die Tiere in den Gehegen zu zeigen. Tierarten sollen erhalten werden und, wenn möglich, zu einem geeigneten Zeitpunkt wieder ausgewildert werden. Unsere Tiere sollen aber auch Botschafter für ihre Art und deren Lebensraum sein. Diese Aufklärungsarbeit zu leisten, ist eine grosse Herausforderung – welche mich persönlich aber auch reizt und Spass macht.

Wenn Sie die Entscheidungsfreiheit hätten – welches Tier würde künftig im Walter Zoo zu sehen sein?

Karin Federer: Es wichtig, dass wir als Zoo eine Vielfalt zeigen können. Ich persönlich kann mich für jedes Tier begeistern. Ein klares Lieblingstier habe ich nicht. Was mich aber fasziniert, ist das Okapi, die Waldgiraffe. Die Tiere sind stark bedroht. Im Basler Zoo durfte ich sie während meiner Doktorarbeit kennenlernen. Sie erinnern mich an Fabelwesen. Die Haltung ist nur einzelnen Zoos vorbehalten und es wäre daher eine Ehre, solche Tiere bei uns zu halten. Ob das möglich ist, wird die Zukunft zeigen.

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Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) aus Waldkirch ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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