Das Referendum gegen die geplante Medienförderung wird von verschiedenen Verlagen mitgetragen, darunter der Ostschweizer Medien AG, welche «Die Ostschweiz» herausgibt. Der Thurgauer Nationalrat Christian Lohr unterstellt uns Eigennutz. Das ist nachweislich falsch.
Offenbar kann sich Christian Lohr, Nationalrat der CVP – neu «Die Mitte» – aus dem Thurgau, gar nicht vorstellen, dass sich jemand politisch einsetzt, ohne eigene Interessen zu verfolgen. Im «St.Galler Tagblatt» behauptet er, verschiedene Verlage, die das vorgesehene Medienförderungspaket mit einem Referendum bekämpfen, täten das nur, weil sie selbst nicht von dieser Förderung profitieren würden.
Lohr nennt unter anderem «Die Ostschweiz» als Beispiel dafür. Peter Weigelt, der Verwaltungsratspräsident der Ostschweizer Medien AG, der Herausgeberin dieser Zeitung, ist Präsident des Referendumskomitees; diesem gehört auch der Schreibende an. Daraus wurde auch nie ein Geheimnis gemacht. Seite an Seite mit diversen anderen kleineren Verlagen setzen wir uns dagegen ein, dass sich über den Medien der Schweiz ein staatliches Füllhorn ergiesst.
Diese Ausgangslage verführt den Nationalrat zu einer verkürzten Sicht der Dinge – und zu einer, die schlicht nicht stimmt. Er suggeriert, «Die Ostschweiz» trage das Referendum nur deshalb mit, weil der Verlag bei der Medienförderung leer ausgehen würde. Oder anders ausgedrückt: Wir gönnen laut Christian Lohr anderen Verlagen den Geldregen nicht, und würde er sich auch über uns ergiessen, würden wir keinen Widerstand leisten.
Das ist schlicht und einfach falsch. Und wäre Lohr auch nur halbwegs informiert über die Vorlage, die er mit seiner Stimme mitträgt, wüsste er das auch.
Zum einen würde «Die Ostschweiz» nach heutiger Auslegung der vorgesehenen Medienförderung sehr wohl Geld vom Bund bekommen. Zwar sollen keine kostenlosen Onlinemedien profitieren, sondern nur solche, die Abonnementsbeiträge einkassieren. Darunter fallen aber auch explizit freiwillige Abos und Zuwendungen, wie wir sie in Form von Gönnerbeiträgen und Sponsorengeldern erhalten. Der betreffende Gönnerclub umfasst heute mehrere hundert Mitglieder und trägt wesentlich zum Umsatz unseres Verlags bei. «Die Ostschweiz» ist technisch gesehen kostenlos, wird aber zu einem schönen Teil von ihrer Leserschaft finanziell mitgetragen – ganz ohne Zwang.
Diese Zahlen wären in Rechnung zu ziehen bei der Vergabe der Bundesgelder. «Die Ostschweiz» würde mit dem Medienförderungspaket also direkt von staatlichen Subventionen profitieren. Wie viel das wäre, ist offen. Angesichts des auf Effizienz getrimmten Charakters unseres kleinen Verlagshauses wäre es aber wohl eine im Verhältnis erkleckliche Summe, die theoretisch hoch willkommen wäre. Da die Kriterien für eine Medienförderung noch nicht abschliessend definiert sind, ist es gut möglich, dass «Die Ostschweiz» auch weitere Vorgaben über die freiwilligen Abos hinaus erfüllen würde, die einschenken könnten.
Nur: Das alles interessiert uns nicht.
Staatlich subventionierte Medien sind aus unserer Sicht generell ein Unding. Die Unabhängigkeit vom Staat ist die wichtigste Währung einer Zeitung. Nur sie garantiert, dass man unbefangen und kritisch berichtet. Und sie verhindert eine Abhängigkeit, die dazu führt, dass Verlage zu Erfüllungsgehilfen einer politischen Agenda des Staates werden, um diesen nicht zu verärgern. Wie es aussieht, wenn Verlage die Politik der Landesregierung unkritisch begleiten, führt uns die Coronasituation seit Monaten exemplarisch vor.
Natürlich sind wir der Ansicht, dass es nicht sein kann, dass Medienhäuser, deren Besitzer – in vielen Fällen sind es Familienimperien – schwerreich sind und die nach wie vor satte Gewinne schreiben, auch noch Steuergelder kassieren. Immerhin rangieren die Betreffenden regelmässig unter den Reichsten der Schweiz. Aber wir sind nicht deshalb dagegen, weil wir selbst dabei ausgelassen würden. Im Gegenteil, die Medienförderung würde auch für uns einfach verdientes Geld bedeuten.
Allerdings sind uns unsere Prinzipien wichtiger. Möglicherweise ist dem «Die Mitte»-Nationalrat diese Kategorie nicht bekannt.
Der Einsatz gegen die Medienförderung erfolgt also keineswegs aus Eigennutz, wie Christian Lohr suggeriert. Ganz im Gegenteil: Er erfolgt regelrecht gegen eigene handfeste Interessen. Würden wir funktionieren wie Verlegerfamilien wie Coninx (TX Group, Tagesanzeiger etc.) und Ringier (Blick etc.), würden wir uns für die Medienförderung ins Zeug legen und uns gleichzeitig publizistisch dem Staat andienen, um zu dessen Liebkind zu werden. Das würde uns ohne jeden zusätzlichen Aufwand Geld in die Kasse spülen.
Stattdessen vertreten wir zusammen mit anderen die Interessen der staatsunabhängigen Verlage – und die der Steuerzahler, die nicht das ausschweifende Leben reicher Verleger mitfinanzieren sollen. Denn der freie Markt soll entscheiden, ob unser Angebot gefragt ist oder nicht. Auf Überlebenshilfe mit öffentlichen Geldern verzichten wir dankend.
Christian Lohr hat nun noch Zeit, sich vielleicht doch noch mit der Vorlage zu beschäftigen, während die Referendumsfrist läuft. Konsequenterweise müsste er sich danach gegen die Medienförderung engagieren. Denn sein «Argument», der Widerstand verschiedener Verlage basiere auf eigenen Interessen, ist völlig haltlos. Hat Lohr argumentativ nicht mehr zu bieten als das, so sollte er sich Gedanken darüber machen, ob er wirklich auf der richtigen Seite steht. Ausser natürlich, er möchte gerne vermögende Verleger, die viel Zeit auf dem Golfplatz verbringen, während draussen ein teures Auto wartet, zusätzlich staatlich alimentieren. Das aber sollte er dann auch seinen Wählerinnen und Wählern erklären.
Das Argumentarium des Referendumskomitees ist hier zu finden.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.