Raphael Frei.
Bringt ein neuer Autobahnanschluss im Gebiet Rorschach/Goldach mehr Verlierer als Gewinner? Das sagen Kritiker, vor allem solche aus Goldach. Im Interview wehrt sich Raphael Frei, einer der führenden Befürworter, gegen diese Darstellung. Es sei ein Projekt für alle betroffenen Gemeinden.
Der «Autobahnanschluss Plus», der am 17. November zur Abstimmung kommt, soll in Kombination mit einer Kantonsstrasse und weiteren Massnahmen die Überlastung der Strassen durch die Gemeinden am See beseitigen. Nicht alle sind zufrieden mit der Variante, die vorgelegt wird. Die jüngste Kritik kommt aus Goldach, wo eine Gruppe Gegner überzeugt ist, dass die Gemeinde damit schlecht abschneidet; wir haben berichtet.
Raphael Frei aus Rorschacherberg ist Präsident der IG Mobil, die sich für ein Ja zur Vorlage einsetzt, ausserdem amtet er als Präsident der St.Galler FDP. Er hält die negativen Stimmen für unzutreffend, wie er im Interview sagt.
Raphael Frei.
Strassenbauprojekte werden meist von Links-Grün bekämpft. Nun wehren sich auch einige Gewerbetreibende aus Goldach gegen den neuen Autobahnanschluss. Wie ist das zu erklären? Wurde am Gewerbe vorbei geplant?
Raphael Frei: Die Erreichbarkeit ist nach der Steuerbelastung einer der wichtigsten Standortfaktoren für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region. Alle drei Gewerbevereine, Arbeitgeberverband sowie alle bürgerlichen Parteien stehen hinter dem Projekt. Somit wurde sicher nicht an den Gewerbetreibenden vorbei geplant. Es bildet auch aus ihrer Sicht die Grundlage dafür, dass sich die Region wirtschaftlich positiv entwickeln kann.
Gibt es aus Ihrer Sicht nicht nur regionale, sondern auch persönliche Interessen bei den Gegnern?
Raphael Frei: Infrastrukturprojekte in bestehendem Siedlungsgebiet sind anspruchsvoll, und es gibt immer Direktbetroffene. Gegen das Projekt hat sich eine «unheilige» Allianz gebildet mit völlig gegensätzlichen Motivationen. Links-Grün will die Wiesen schützen und direktbetroffene Gewerbetreibende lieber Bauland oder Häuser verkaufen. Wir wollen lieber Menschen statt Wiesen schützen und sind überzeugt, dass der volkswirtschaftliche Nutzen für unsere Region stärker gewichtet werden muss als die völlig legitimen Einzelinteressen.
Sie wohnen selbst in Rorschacherberg. Der Vorwurf lautet nun, die Vorlage komme Rorschach zugute, Goldach werde benachteiligt. Was sagen Sie dazu?
Raphael Frei: Das Leben und der Verkehr machen nicht an Gemeindegrenzen halt. Wenn wir Projekte nur aus der eigenen Gemeindeperspektive betrachten, verliert die ganze Region. In Goldach werden über 1000 Personen vom Verkehr entlasten und deutlich weniger als 100 belastet. Die Goldacherinnen und Goldacher an der St. Galler-, Haupt-, Bruggmühle- und der aktuell im Bau befindlichen Verlängerung der Mühlegutstrasse gehören zu den grössten Gewinnern dieses Projekts. Rorschach und Goldach profitieren vom Wegfall der Lastwagenfahrten mitten durch das Siedlungsgebiet.
Dass ein Gebiet, das möglicherweise eines Tages zu wertvollem Wohnraum werden könnte, so gewissermassen verbaut wird, stört Sie nicht?
Raphael Frei: Was nützt schönes Bauland und wertvoller Wohnraum, wenn der Verkehr in Goldach kollabiert und sie nicht an ihren Arbeitsplatz in St. Gallen kommen? Bei solchen Infrastrukturprojekten gibt es immer verschiedene Interessen zu berücksichtigen, und am Schluss braucht es eine Güterabwägung. Wir haben eine regionale Lösung, die funktioniert, Bestnoten von Bund und Kanton erhalten hat und zu rund 95 Prozent durch diese finanziert wird. Da diese an unsere Region glauben und Entwicklung ermöglichen möchten. Meiner Meinung nach gewinnt die Region deutlich mehr als sie verliert.
Gestritten wird darüber, ob es keine bessere Variante gegeben hätte, das Astra hat seinerzeit zu einem bestimmten Zeitpunkt ebenfalls einmal eine andere favorisiert. Warum ist aus Ihrer Sicht diejenige, die nun zur Abstimmung steht, für alle betroffenen Gemeinden die beste?
Raphael Frei: Das Astra hatte in seiner Bewertung auf das reine Kosten-Nutzen-Verhältnis abgestellt. Da die Variante Witen relativ teuer ist und durch das Astra finanziert werden muss, stand sie bei dieser Bewertung nicht an erster Stelle. Wir bauen ja aber mehr als nur eine Strasse. Das Projekt Autobahnanschluss Plus ist ein Musterbeispiel, wie Siedlungs- und Verkehrsentwicklung aufeinander abgestimmt wurden mit Spezialplanungen im Bereich Städtebau, Langsamverkehr und ÖV. Alle Bundesstellen erachten diese umfassende Planung als hervorragend.
Wenn sich Linke und Grüne, Teile des Gewerbes und andere Seiten gegen eine Vorlage wenden, kann es eng werden. Glauben Sie aus Ihren Gesprächen in der Region, dass ein Ja dennoch eine Mehrheit findet?
Raphael Frei: Die wenigen direktbetroffenen Gewerbetreibenden sind da nicht ausschlaggebend. Die Fakten sprechen eigentlich eine klare Sprache. Aber alle Stimmberechtigten werden ihre eigene Güterabwägung machen. Ich bin überzeugt davon, dass ein Ja ein Meilenstein für die positive Entwicklung unserer Region ist und hoffe, dass das eine Mehrheit in Goldach und Rorschach auch so sieht.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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