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Die Schweiz am Abgrund?

Mitte-Nationalrat Nicolo Paganini: «Wir haben immer mehr Stress für höchstens gleich viel im Portemonnaie»

Wir wollten von unseren Politikern wissen: Gerät die Schweiz immer mehr in Schieflage. Heute der Kommentar von Mitte-Nationalrat Nicolo Paganini. Er sagt: «Politische Allheilmittel gegen dieses Malaise gibt es nicht. Wer solche verspricht, entlarvt sich selbst als politischen Scharlatan.»

Marcel Baumgartner am 12. April 2024

Ausgangslage:

Die Schweiz am Abgrund?

Der Mittelstand kommt kaum noch über die Runden. Die Finanzierung der 13. AHV-Rente dürfte zu einer weiteren Belastung führen. Weitere Vorlagen mit hohem Finanzbedarf werden kommen. Und hinzu kommen eine äusserst unsichere Weltlage und die Bedenken einer 10-Millionen-Schweiz. Muss man sich Sorgen machen? Wer führt uns mit welchen Massnahmen aus der Misere? – wenn es denn eine ist.

«Die Ostschweiz» hat hierzu bereits eine Analyse publiziert. Mehrere Politikerinnen und Politiker werden in einer Serie die Lage einschätzen.

Heute der Gastkommentar von Mitte-Nationalrat Nicolo Paganini (SG):

Um mit dem Positiven zu beginnen: Nein, die Schweiz steht nicht am Abgrund! Auch wenn das Vertreterinnen und Vertreter ganz links und ganz rechts im politischen Spektrum mantraartig wiederholen, um in Wahlen Kapital aus politischer Verunsicherung schlagen zu können.

Aber zwischen dem Abgrund und einer heilen Welt gibt es viel Raum. Und in dieser Zwischenwelt ist tatsächlich nicht alles so, wie es sein könnte und sein müsste. Zwar zeigen fundierte Untersuchungen, dass der Zustand des Mittelstands in der Schweiz extrem stabil ist und sich auch die Lohnschere in der Schweiz – allen Boni-Exzessen von gewissen Top-Managern zum Trotz – in den letzten Jahren nicht weiter geöffnet hat.

Mit der Gemütslage vieler Schweizerinnen und Schweizer haben diese objektiven Fakten aber wenig zu tun. Es herrscht ein grosses Unbehagen, welches auch in der Zustimmung zur 13. AHV-Rente zum Ausdruck gekommen ist. Man kann diese Gemütslage vielleicht so beschreiben: «Es wird nicht mehr einfach alles immer besser», «Die nächste Generation wird es schwieriger haben als wir», «Wir haben immer mehr Stress für höchstens gleich viel im Portemonnaie», «Es wird enger in der Schweiz», «Der Krieg kommt zurück nach Europa», «Für alles haben sie Geld, nur für uns einfache Schweizer nicht» oder auch «Jetzt haben wir nicht einmal mehr sicher genug Strom, um warm duschen zu dürfen».

Dass die Einführung der 13. AHV-Rente die Probleme – vor allem für die nächste Generation – nur verschärft, wird dann von der Mehrheit gerne einmal ausgeblendet, ist aber natürlich zu akzeptieren. Politische «Allheilmittel» gegen dieses Malaise gibt es nicht. Wer solche verspricht, entlarvt sich selbst als politischen Scharlatan.

Aber es gibt selbstverständlich erfolgversprechende politische Stossrichtungen: Die Stärkung der Selbstverantwortung gehört dazu, das konsequente Einhalten der Schuldenbremse auf Bundesebene, das Wegkommen vom Schönwetter-Föderalismus (Erziehung/Bildung ist Sache der Kantone und somit die Kita-Finanzierung keine Aufgabe des Bundes), die Bekämpfung von Problemen an der Wurzel (Gesundheitskostenbremse-Initiative: Ja) statt bei den Symptomen (Prämien-Entlastungs-Initiative: Nein) oder auch eine härtere Gangart bei der illegalen Migration.

Wenn der Staat bei seinen Ausgaben überbordet, wird dies immer in erster Linie den Mittelstand treffen. Denn die höchsten Einkommen sind mobil und die tiefsten Einkommen erfahren kaum eine (direkte) steuerliche Belastung. So sind die Politiker angehalten, Mass zu halten. Aber auch die Stimmbevölkerung kann schon am 9. Juni dieses Jahres entscheiden, ob zu den 4 bis 5 jährlichen 13. AHV-Milliarden jährlich weitere 4.5 Milliarden Franken Bundesausgaben für zusätzliche Prämiensubventionen dazu kommen sollen. Ein «Ja» zur Prämien-Entlastungs-Initiative wäre der endgültige Entscheid für massiv höhere Steuern und Abgaben auf Bundesebene.

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Autor/in
Marcel Baumgartner

Marcel Baumgartner (*1979) ist Co-Chefredaktor von «Die Ostschweiz».

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